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der Unbeugsame - der Widerstand des Karl Küpper

  • Autorenbild: dieterwimmers
    dieterwimmers
  • vor 12 Minuten
  • 3 Min. Lesezeit

Aufrecht, entschlossen, eisern und unbeugsam – so wie der Titel des Theaterstücks – trat er ab vom Rednerpult. Nachdem der Protagonist Gerd Köster alias Karl Küpper die Bühne verlassen hatte, verdüsterte sich diese. Sirenengeheul löste eine beklemmenden Leere ab, dieses Sirenengeheul schwoll an und dröhnte in den Ohren, es drang in die letzten Winkel des Theaters ein und ließ nicht nach. Diese Assoziation von Krieg setzte sich in den Köpfen des Publikums fest, Angst ging um, das Bühnenbild wurde zum Teil einer Katastrophe. Als die düsteren Anbahnungen vorbei waren, hellte sich die Weltuntergangsstimmung allmählich auf. Aus den Ruinen des moralischen Niederganges ertönten die Zeilen eines Karnevalsliedes von Willi Ostermann: „In Köln am Rhing bin ich jebore … ich mööch zo Fooß noh Kölle jonn …“ Die Menschen schöpften wieder Hoffnung.


Mit neun Personen aus unserer ZWAR-Gruppe des historischen Köln hatten wir das Theaterstück „Der Unbeugsame – der Widerstand des Karl Küpper“ in der Volksbühne am Rudolfplatz besucht. Nicht nur in der genannten Szene, war uns die Authentizität des von Gerd Köster gespielten Karl Küpper unter die Haut gegangen. Mit all seinen Schrecken und Facetten zeigte der Nationalsozialismus seine Wirkung, aber auch die Nachkriegszeit bis zum Tod des Karl Küpper im Jahr 1970 belegte, dass die Herrschaftsformen zwar wechseln konnten von einem Terrorregime zur Demokratie, Menschen und die Köpfe waren aber dieselben geblieben. Genau diesen Menschen hielt Karl Küpper den Spiegel ihrer Vergangenheit vor.


Das Theaterstück bestand aus kleineren Episoden, die das Leben des Karl Küppers vor und nach 1945 beschrieben. Die Episoden fügten sich zu einer großartigen Charakterisierung dieses Mannes zusammen. „D’r Verdötschte“ war einer der beliebtesten Büttenredner seiner Zeit, hatte große Erfolge bei Publikum. Allerdings missfielen seine frechen politischen Reden den Nationalsozialisten. In diesem Umfeld wollte Karl Küpper nicht den Mund halten, sondern er setzte sich über die anfänglichen Bitten hinweg, Teile aus seiner Rede zu streichen. Das Ergebnis: Die Gestapo kümmerte sich um ihn in ihrer bekannten Weise. Ein Ziegelstein sei ihm auf den Kopf gefallen, so die Umschreibung des Karl Küpper. Für ihn war die Redefreiheit eines Büttenredners nicht verhandelbar. Selbst als die NS-Schergen mit den Gefängniszellen im EL-DE-Haus drohten und ihm an das Schicksal der Edelweißpiraten erinnerten, blieb Karl Küpper standhaft. Um der drohenden Verhaftung zu entgehen, meldete sich Küppers schließlich 1940 freiwillig zur Wehrmacht.


Die Episoden wurden hinterlegt mit einem sparsamen und spartanischen Bühnenbild. Schwarze Schnüre mit Glühbirnen hingen von der Decke. Zettel mit Wäscheklammern waren daran befestigt. Das Mobiliar umfasste zwei Holzstühle, ein Tisch und natürlich die Bütt, das Markenzeichen von Karl Küpper, auf dessen Rand er sich setzte. Seine Redefreiheit als Büttenredner suchte er bis zum letzten zu verteidigen, indem er den Hitlergruß verschmähte, seinen Spott versteckte er in Umschreibungen. „So hoch liegt der Dreck im Keller“, mit diesen Worten erhob er seine rechte Hand. Die Juden seien vor Gericht wieder zugelassen - vor dem Eintopfgericht. Und der Spruch: es regnet schon wieder oder: Et ess ad widder am rähne!


Hätte man vermutet, dass man ihn nach dem Krieg wegen seiner aufrechten Haltung Respekt gezollt hätte, so wird man enttäuscht. Die ehemaligen Nazikader saßen nun in verantwortlichen Positionen und wollten nicht an ihre Vergangenheit erinnert werden, was Küpper aber tat. Der Karneval funktionierte als Netzwerk, wo diese Personen in Posten, Pöstchen und in einer Vetternwirtschaft verwurstelt waren. Die bedeutenden Sitzungen und die großen Redebühnen waren ihm verwehrt, es verblieben lediglich Kleinauftritte in unbedeutenden Karnevalsgesellschaften in Kölner Vororten. So verstarb er schließlich in seiner Größe, als Kneipeninhaber, nachdem er sich enttäuscht aus dem Karneval zurück gezogen hatte und dort einst die Revolution ausgerufen hatte.


Unterbrochen wurden die Szenen von persönlichen Erzählungen Kölner Bürger. Etwa dem 1937 geborenen alten Herrn, der von seiner Flucht auf einen Bauernhof nach Schleswig-Holstein berichtete. Samstags hatte er eine Sendung mit Karnevalsliedern im Radio gehört. Für ihn war völlig klar, dass es nur ein Ziel gab: Köln. Im Rahmen eines Umsiedlungsprogramms war ihm dies gelungen. Als Mitglied der Nippeser Bürgerwehr war er bis heute dem Kölner Karneval verbunden geblieben.


Oder die Erzählung des Blauen Funken Feinripp, der den Karneval als Geschäftsmodell beschrieb. Die Macher wollten unter sich sein, die Zugangsregeln waren streng. Er kritisierte etwa, dass bei den großen Karnevalssitzungen Weinzwang im Festsaal eingeführt worden war. Kölsch durfte nur außerhalb dieser Lokalitäten getrunken werden. Jupp Menth, inzwischen 78 Jahre alt, der jahrelang als „Ne kölsche Schutzmann“ auf den Karnevalsbühnen stand, beschrieb, dass Karneval auch eine Droge sein konnte. Das machte nachdenklich, erklärte aber auch, warum Karl Küpper immer wieder nur eines wollte: auftreten.


Anerkennung wurde Karl Küpper erst sehr spät zuteil, rund 40 Jahre nach seinem Tod. Das Stück in der Volksbühne gehörte dazu. Dann wurde 2011, nach zähen Diskussionen, ein kleiner Platz in der Innenstadt nach Karl Küpper benannt. Das Theaterstück war jedenfalls exzellent gemacht, mit exzellenten Episoden und exzellenten Schauspielern.

 
 
 

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