Tagebuch März 2019
1. März 2019
Wer hätte gedacht, dass bereits im Jahr 1925 erstmals ein Film mit der Biene Maja gedreht wurde ? 1912 hatte der deutsche Autor Waldemar Bonsels das Kinderbuch „Die Biene Maja und ihre Abenteuer“ veröffentlicht, in welchem er seine Beobachtungen im Schlosspark von Schleißheim bei München verarbeitet hatte. Von 1924 bis 1925 wurde das Kinderbuch mit lebendigen Insekten verfilmt. In der Handlung ging es darum, dass die Biene Maja von der Erzieherin Kassandra unterrichtet wurde und ihren ersten Ausflug aus dem Bienenstock unternahm. Davon kehrte sie nicht zurück, sondern sie begab sich auf eine Entdeckungsreise durch die Natur. Sie begegnete einem namenlosen Regenwurm, von dem der Käfer Kurt ein Stück verspeiste, während der Rest des Wurmes weiterkrabbelte. Sie macht Bekanntschaft mit dem Volk der Ameisen, das als Räuberbande beschrieben wurde, sowie mit einem Schmetterling, einer Wanze und mit vielen anderen Tieren. Filmausschnitte dieses Filmes sind neben vielen anderen Filmen aus den 1920er Jahren in der Ausstellung „Kino der Moderne – Film in der Weimarer Republik“ in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen. Mehrere Filme in den 1920er Jahren befassen sich mit naturwissenschaftlichen Phänomenen oder der Natur selbst – so die Verfilmung „Die Biene Maja und ihre Abenteuer“, dessen Premiere am 8. April 1926 im Dresdner Kino Kapitol gezeigt wurde. Die ZDF-Zeichentrickserie mit der Biene Maja, erstmals 1975 gesendet, die einen ungeahnten Bekanntheitsgrad erreichte, ist mit den handelnden Insekten nicht unähnlich zu dem Stummfilm aus dem Jahr 1926. Flip, Willi oder Max kommen nicht vor, aber Drohnen, ein Regenwurm oder Ameisensoldaten. Die Ausstellung „Kino der Moderne – Film in der Weimarer Republik“ ist sehenswert, auch wegen all der übrigen Filmproduktionen aus den 1920er Jahren, die sich mit der Stadtwelt der Metropolis befassen, mit Filmstars wie Greta Garbo oder Asta Nielsen oder mit dem rast- und ruhelosen Alltagsleben in einer Großstadt wie Berlin.
2. März 2019
Letzten Freitag ist ein viel zu kurzes Katzenleben zu Ende gegangen. Gerade einmal sieben Monate und sechs Tage hat unser Katzennesthäkchen Stella unter den Lebenden verbracht, bevor sie in das Reich der Toten aufgenommen worden ist. Wer hätte das gedacht ? Wochenlang hatten alle gerätselt, wieso unsere Katze so schlecht frißt und nur mit größten Kraftanstrengungen Stuhlgang absetzt. Anfangs hatten wir eine Darminvagination – bei der sich Abschnitte des Darms überlagern - vermutet, ein Einlauf hatte nichts gebracht. Als wir sie zur Tierklinik nach Leverkusen gebracht hatten, war sie dehydriert, sie bekam eine Infusion, ein Kontrastmittel wurde durch den Verlauf des Dick- und Dünndarms gespritzt. Röntgenbilder wurden gemacht, die weder eine Darminvagination noch einen Darmverschluss belegten. Und wie durch ein Wunder, war sie in der Tierklinik mit einem Mal wieder fit, sie fraß und hatte auch Stuhlgang. Da sich zu Hause ihr Zustand wieder rasant verschlechterte, entschied unsere Tierärztin, unsere Katze aufzuschneiden, um zu sehen, was mit der kritischen Stelle im Darm los war. Wer hätte das vermutet ? Die Diagnose war schrecklich, es war Darmkrebs, der bereits so gestreut war, dass zwei Lymphknoten befallen waren. Unser Katzennesthäkchen Stella musste in den vergangenen Wochen schrecklich gelitten haben, so dass wir beraten wurden, sie aus der Narkose nicht aufwachen zu lassen. Arme Stella. Mit Krebs hatte niemand gerechnet. Nun ruht unsere kleine Katze Stella in ihrem Grab in unserem Garten und unsere Kater Rambo, Oskar und Jumbo vermissen zu dritt ihre kleine Gefährtin.
3. März 2019
Nach dem traurigen Ereignis vom letzten Freitag hatten sich die Rahmenbedingungen etwas verschoben, was den Besuch des Karnevalszuges in unserem Ort betraf. Unserer Tochter war nicht danach zumute, ihn sich anzuschauen, was wir auch verstanden. Für meine Frau und mich ging das Leben allerdings weiter, so dass wir dem Karnevalszug nicht fernbleiben wollten. Wir mussten allerdings den sehr frühen Zugbeginn um 12.11 Uhr berücksichtigen, da wir zuvor nicht zu Mittag gegessen hatten und dies danach nachholen wollten. An der am nächsten gelegenen Straßenecke betrachteten wir in diesem Jahr den Zug etwas mehr aus der Distanz, indem wir uns nicht in der ersten Reihe am Bürgersteig positioniert hatten, sondern in der zweiten oder dritten Reihe. Wie in den Vorjahren – bewunderten wir all die Arbeit, die Mühe und die Liebe, welche die Zugteilnehmer in den Wagenbau und das Nähen der Kostüme investiert hatten. Besonders gut gefiel mir eine Fußgruppe, die sich als Figuren aus den Star Wars-Filmen verkleidet hatte, sowie ein Wagen, der als Kinderschokolade und als Ü-Ei gestaltet worden war. So fiel unser Besuch in diesem Jahr kürzer aus, weil wir nicht gewandert waren und uns den Zug an unterschiedlichen Stellen anschauten. Ebenso war die Ausbeute an Kamelle in zweiter und dritter Reihe nicht besonders üppig. Dies empfanden wir nicht als besonders schlimm, da wir in den letzten Jahren immer wieder Bonbons, Maoam oder Kamelle weggeworfen hatten, weil niemand sie bei uns gegessen hatte.
4. März 2019
4.500 Arbeitsplätze, das ist jede Masse. Großbaustellen haben in Bonn um sich gegriffen, die das Stadtbild jetzt und in Zukunft grundlegend verändern werden. Die geplanten Bauten sind dann noch größer, noch ambitionierter und noch wagemutiger. Diese großspurige Veränderung spürt man besonders rund um das damalige Bonn-Center, das vor zwei Jahren gesprengt worden ist. Wie soll der Sinn einer solchen Sprengung anders definiert sein, als dass an dieser Stelle neu gebaut wird ? Der Bedarf an Büroflächen wächst. Der Bauboom im früheren Regierungsviertel ist ungebremst, vor allem rund um den Trajektknoten. Alle schauen positiv und voller Perspektiven nach vorne, da sich in der früheren Bundeshauptstadt weniger Industriebranchen niedergelassen haben, die sich in einer Abwärtsspirale befinden, sondern Institutionen und Forschungsbereiche, die wachsen. Vollgepackt mit Perspektiven, träumen die Stadtplaner einen Traum. Die frühere Bundeshauptstadt als Zukunftsvision mit einer Skyline von Hochhäusern. Wo früher das Bonn-Center stand, soll nun ein dreiteiliger Bürokomplex mit einem Hochhaus am Neuen Kanzlerplatz in Bonn mit 28 Stockwerken gebaut werden. Mit den geplanten 101,5 Metern Höhe wird das Hochhaus zum dritthöchsten Gebäude in der Stadt aufsteigen – nach dem Post Tower mit 163 Metern und dem Langen Eugen mit 114 Metern. Den Großteil der 4.500 Arbeitsplätze wird nicht die UN belegen, die inzwischen auf 23 Institutionen am Standort Bonn angewachsen ist, sondern die Postbank. Bald soll sich an dieser Großbaustelle der eine Baukran auf acht Baukräne vermehren, damit das Skelett des Hochhauses aus Stahl und Beton in die Höhe wachsen wird.
5. März 2019
Der Kölner Dom und die Grabmäler seiner Erzbischöfe. Die Machtfülle der Kölner Erzbischöfe war groß, da sie im Mittelalter als Vertreter des Papstes die Krönungszeremonie der römisch-deutschen Könige im Aachener Dom durchführten. Als Kurfürsten vereinigten sie ab dem 13. Jahrhundert gleichzeitig die kirchliche und weltliche Macht in sich. Seit dem 4. Jahrhundert sind große Namen von Kölner Erzbischöfen und Kurfürsten hervorgegangen, von denen viele im Chor des Kölner Doms begraben sind. Eine der ganz großen Namen beschreibt das Hochadelsgeschlecht der Wittelsbacher, zu deren Herrschaftsterritorium von 1583 bis 1761 das Kurfürstentum Köln gehörte. Insgesamt fünf Kölner Kurfürsten entstammten dem Haus Wittelsbach, darunter Clemens August von Bayern, der von 1723 bis 1761 Kölner Kurfürst war. Er dürfte der bekannteste Kurfürst aus dem Hause Wittelsbach sein, der sich in seinen Bauprojekten wie dem Schloss Augustusburg in Brühl oder dem Schloss Clemensruh in Bonn-Poppelsdorf verewigt hat. In einer Seitenkapelle des Kölner Doms sind unter dem Wittelsberger Wappen die fünf Kölner Kurfürsten Ernst, Ferdinand, Joseph Clemens und Maximilian Friedrich mit dem Namenszusatz „von Bayern“ begraben.
6. März 2019
Naht-Ex – was für eine Wortschöpfung ? Ich hatte heute einen Zahnarzttermin, der sich neben einer professionellen Zahnreinigung ziemlich in die Länge zog wegen eines Wurzelabrisses. Von denjenigen Zähnen, die mir fehlten, gab es einen Zahn, der zu Hause beim Zähneputzen ausgefallen war, weil er dermaßen locker gewesen war. Bei diesem Ausfallen des Zahns war ein Rest Wurzel im Zahnfleisch stecken geblieben. Die Stelle zog etwas im Zahnfleisch, zeitweise schmerzte sie auch. Nach der professionellen Zahnreinigung und nachdem im Röntgenbild der Wurzelabrisse zu sehen war, wollte sich die Zahnärztin mit dieser Stelle befassen. Doch so einfach, wie sie es sich vorgestellt hatte, war es dann doch nicht. Über das überlagerte Zahnfleisch über dem Nachbarzahn gelangte sie nicht zu dem Wurzelrest, so dass sie das volle Programm auffahren musste, wie sie es nannte. Das war das Aufschneiden des Zahnfleischs, das Herausziehen der Restwurzel und das Zunähen mit einem Faden. Nachdem sie das stecken gebliebene Gebilde heraus gezogen hatte, zeigte sie mir dieses blutende Gebilde samt einer anhängenden Zyste, die mich sicherlich periodisch wieder kehrend geärgert hätte. Vorne, an der Rezeption, gab mir die Sprechstundenhelferin dann den Termin für die Naht-Ex. Zahnmediziner haben so ihre Fachbegriffe. Diese reden nicht vom Ziehen der Fäden, sondern vom Naht-Ex.
7. März 2019
Der Busbahnhof in einer Aufbruchstimmung. In der Dämmerung wertet sich all das auf, was sonst banal, eintönig, einförmig ist und sich in endlosen Busschleifen an den Bussteigen wiederholt. Wie die Busse auf den Bussteigen ein- und ausfahren, dabei ereignet sich nichts aufregendes, sieht man einmal von Verspätungen ab, die den Unmut der Fahrgäste erregen können. Die Fahrpläne verkörpern keinen Fortschritt, eine Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs bleibt in der Dämmerung stecken. Die Rücklichter der Busse schleichen sich aus der Dämmerung heraus. Fortschritt, Rückschritt und Stagnation vereinigen sich, wenn die Busse stehen bleiben, vor Ampeln oder an Haltestellen warten. Wären da nicht die Baukräne, könnte man meinen, dass die An- und Abfahrtszeiten keine großartigen Veränderungen zulassen. Die Baukräne befeuern nun Quantensprünge von Veränderungen, die beim öffentlichen Personennahverkehr Entwicklungspfade von Jahrzehnten beschreiben. Vor dem Bahnhof wird gebaut, was das Zeug her gibt. Das Bonner Loch ist platt gemacht worden, ein neues Einkaufszentrum soll entstehen. Busse und Straßenbahnen läßt das unbeeindruckt. Die Fahrspuren winden sich ohne Veränderung an der Baustelle vorbei.
8. März 2019
Ein relatives Durcheinander setzte sich in Gang, als ich vom Büro nach Hause kam. Wobei sich dieses relative Planungschaos mit einem Anruf im Büro bereits angekündigt hatte. Eine unserer Katzen war wieder an der Reihe, zu kränkeln und zum Tierarzt zu müssen. Diesmal hatte es den Kater Jumbo mit Durchfall erwischt, dessen Stuhlgang eine sehr flüssige Konsistenz hatte. Die Tierärztin tastete seinen Bauch ab, der weich war. Sie fragte nach, was er gefressen hatte. Nichts außergewöhnliches hatten wir festgestellt, unser Katzenfutter war von Felix. Aber er war draußen gewesen, und dort konnte er Gras und allerhand Grünzeug gefressen haben. Sie riet uns zu Schonkost. Damit hatten wir bei unserem Kater Rambo bereits unsere Erfahrungen gemacht. Viele kleine Portionen sollten wir unserem Kater, über den Tag verteilt, davon anbieten. Irgendwelche Medikamente gab sie uns erst einmal nicht mit. Zu Hause sollten wir seinen Stuhlgang weiter beobachten und wiederkommen, falls sich nichts bessern sollte.
9. März 2019
Wem der Parkraum gehört und wer ihn beanspruchen darf, darüber können sich die Erregung und die Verärgerung schnell steigern, wenn die „üblichen“ Regeln missachtet werden. Manche fragen höflich, ob sie den Parkplatz vor unserem Haus nutzen dürfen, wenn wir dort unser Auto gerade nicht geparkt haben, doch das ist eher die Ausnahme. Naturgemäß kann es geschehen, dass der Parkplatz belegt ist, nachdem wir fortgefahren sind, und irgendwann später wird der Parkplatz vor unserem Haus wieder frei. Schlimm sind die Fahrer von SUVs, die gerne die Größe ihres „Panzerfahrzeugs“ unterschätzen und dann unseren Hauszugang versperren. Aber auch die Fahrer von Kleinwagen können sich dreist verhalten. Genau vor unseren Hauszugang geparkt, mussten wir vorgestern zuerst den Suzuki umkurven, um in unser Haus zu gelangen. Ganz schlimm wäre das ignorante Verhalten gewesen, wenn etwa der Schwiegervater, als er noch gelebt hatte, mit seinem Rollator oder mit seinem Elektromobil hätte in unser Haus gelangen wollen. Der Zugang zu unserem Haus wäre ihm verwehrt gewesen, da er mit Rollator oder Elektromobil nicht hätte hinein gelangen können. Wie kann man reagieren auf solch eine Ignoranz und Dreistigkeit ? Ordnungsamt einschalten ? Abschleppen lassen ? Schadensersatzansprüche wegen Besitz- und Eigentumsstörung stellen ?
10. März 2019
Eine Autofahrt durch den Sturm mit einem nicht ganz so versöhnlichen Ende. Die Fahrt führte über die Autobahnen A4 und A61 zum Elternhaus. Die Windböen schlugen wie wild um sich, Blätter wirbelten über die Fahrbahn, aber glücklicherweise keine Äste. Voller Angst, die Windstöße könnten unser Auto umhauen, fuhr ich auf der Autobahn kaum schneller als 100 km/h und auf der Landstraße kaum schneller als 70 km/h. Zu Hause saßen in trauter Harmonie Mutter plus Söhne beisammen, naturgemäß kamen wir auf Krankheiten zu sprechen, über Krankenkassen, über Nachforderungen, über Rechtsschutzversicherungen und auch über das eigene Familienleben. Das Ende war dann nicht ganz so versöhnlich. Es war gemauschelt worden, was das Erbe betraf. Dieses Thema musste ich vorläufig sacken lassen.
11. März 2019
Wie sehr sich Wohnanlagen ähneln können. Schaut man auf die große und die kleine Palme in der Mitte der Anlage, bezieht man den Gehweg aus Kieselsteinen ein, betrachtet man die Ausrichtung der Balkons auf die im Moment nicht scheinende Sonne, dann kommen Gefühle von Erholung und Urlaub auf. Der zartweiße Farbton der Fassade versetzt einen unwillkürlich in mediterrane Urlaubsländer, vielleicht auf die Balearen oder sogar nach Mallorca. Die Wohnanlage befindet sich allerdings nicht in mediterranen Urlaubsländern, sondern ganz einfach und profan am Rhein, genauer gesagt, an der Rheinpromenade in Bonn-Beuel. Gemeinsam ist solchen Wohnlagen allerdings, egal, ob auf Mallorca oder in den heimatlichen Gefilden des Rheins, dass sie dem hochwertigen Preissegment zuzuordnen sind. In diesem Fall ist dies allerdings nicht so, dass die Wohnanlage aus Luxuswohnungen besteht, die sich nur die hochbetuchten Einkommensschichten leisten können. Eigentümer der Wohnanlage ist ein früherer Fabrikbesitzer, der die sogenannten Dreizack-Werke geleitet hatte, die einst Dachpfannen für die Dachdeckung hergestellt hatten. Der Dreizack war das Logo der 1888 gegründeten Firma Andernach GmbH & Co KG, dessen Werkshallen an der Maarstraße in Bonn-Beuel standen, die für die „Bonner Schindeln“ bekannt waren. 2008 wurde das Werk geschlossen, das einen Dreizack auf einem Schornstein positioniert hatte. Das Kapital, das nach der Werksschließung noch vorhanden war, haben die Inhaber nun in den Wohnungsbau investiert. Auf die aufgegebene Fabrik verweisend, nennt sich die Wohnanlage nun „Dreizackhaus“. Mit der Arbeiterschaft verbunden, verzichten die Inhaber darauf, aus der 1a-Wohnlage einen maximalen Profit heraus zu pressen.
12. März 2019
Dass Städte ihre Kanaldeckel dafür nutzen, um ihr Wappen zu zeigen, das hat sich in unserer Republik so ziemlich verbreitet. In Freiburg sind uns solche Kanaldeckel mit dem gekreuzten Stadtwappen aufgefallen, ich selbst habe die beiden Räder des Mainzer Wappens auf Kanaldeckeln entdeckt. In unseren rheinischen Gefilden folgt Brühl diesem Beispiel. Brühl hat sein Wappen nach einem Schöffensiegel von 1319 gestaltet, welches den Heiligen Apostel Petrus über einem silbernen Schild mit dem Kölner Stiftskreuz zeigt. In der rechten Hand hält er zwei Schlüssel und in der linken Hand ein Evangelienbuch. Umgeben wird er von sieben Schöffen, die bereits im Mittelalter Aufgaben der Rechtsprechung wahrnahmen. Kanaldeckel – eine etwas ungewöhnliche Gestaltungsform zur Stadtgeschichte.
13. März 2019
So mancher mag sich zurück sehnen nach den guten alten Zeiten, als wir unseren Nachbarländern in den jeweiligen Landeswährungen bezahlen mussten. Bevor zum 1. Januar 2002 der Euro eingeführt wurde, hatte ich eine Auswahl von Geldbörsen griffbereit, die gut gefüllt waren mit belgischen Francs und niederländischen Gulden, um all die unterschiedlichen Geldscheine und Münzen auseinander dividiert zu bekommen. So wie heute – bereiste ich gerne die beiden Nachbarländer und musste fleißig rechnen. Während es in Belgien irre hohe Geldbeträge in Francs waren, musste man die niederländischen Gulden mit einem Umrechnungskurs von etwa 1,1 in D-Mark umrechnen. Als wir einmal vor der Euro-Einführung einen Ausflug zum Dreiländereck bei Aachen gemacht hatten, mussten die Gastronomen am Dreiländereck verrückt geworden sein. In D-Mark, Gulden und Francs konnten all die Ausflügler bezahlen, und ein dementsprechendes Arsenal von Geldwechselkassen mussten sie bestücken. Eine niederländische Imbissbude in Brühl erinnert an diese guten alten und auch aufwändigen Zeiten vor der Euro-Einführung. Einen 10-Gulden-Schein haben sie konserviert. Die original niederländische Snack-Bar „Pomm Stop“ schwärmt im Inneren so sehr von den Niederlanden, wie ich es gerne tue. Dabei haben sie den guten alten 10-Gulden-Schein eingerahmt und an der Wand aufgehängt. Begleitet wird der Schein, der seinen Wert in der Landessprache mit „Tien Gulden“ beziffert, von einem Band der niederländischen Flagge mit den Nationalfarben rot-weiß-blau. So ganz nebenbei haben die Fritten nach niederländischer Machart dort ausgezeichnet geschmeckt.
14. März 2019
Im Inneren schwach, nach außen Fassade, seine innere Unruhe in großspurigen Bauprojekten umwälzend, so könnte man mit einem Psychogramm den Kurfürsten Clemens August beschreiben. Aus dem Hochadelsgeschlecht der in Bayern beheimateten Wittelsbacher, das insgesamt fünf Kölner Kurfürsten stellte, dürfte er derjenige Wittelsbacher Kurfürst sein, der sich der Nachwelt mit seinen Schlössern in Brühl und Poppelsdorf am nachdrücklichsten erhalten hat. Geboren 1700, war er von 1723 bis zu seinem Tod 1761 Kölner Kurfürst und gleichzeitig Kölner Erzbischof. So schmächtig und so zart wie er auf Gemälden gemalt worden ist, dürfte seine Persönlichkeitsstruktur gewesen sein. Widersprüche reißen auf, wenn man etwa sein vom Hofmaler Georges Desmarrées gemaltes Portrait betrachtet, das im Rheinischen Landesmuseum ausgestellt ist. Ein kleiner, schüchterne Junge scheint sich im Antlitz des Kölner Kurfürsten zu verstecken, der gleichzeitig Erzbischof ist. Sein unsteter Blick aus wachen Augen steht ganz im Gegensatz zu seiner Machtfülle. So galt er in seiner Zeit als „Monsieur des cinq églises“ (Herr der fünf Kirchen), der Fürstbischof von gleich fünf Bistümern war, nämlich außer Köln von Paderborn, Münster, Hildesheim und Osnabrück, dazu eng verbunden mit dem Königreich Bayern mit seinem Wittelsbacher Adelsgeschlecht. Was die Machtverhältnisse im noch nicht existierenden deutschen Kleinstaatengebilde betraf, kam man so ungefähr nicht an ihm vorbei. Auf dem Gemälde spannen die Bischofsmütze, sein roter Bischofsmantel und seine Insignien die Wirkungsfelder seiner Macht auf.
15. März 2019
In Zeiten des Klimawandels fällt das Wetter bisweilen von einem Extrem ins Andere. Hatten wir Mitte Februar noch Rekordtemperaturen mit ganz viel Sonne und über 20 Grad, so hat es in dieser Woche ununterbrochen geregnet, und das von morgens früh bis abends spät. Es war kein Tag dabei, an dem es nicht geregnet hatte. Mit dem Fahrrad ins Büro zu fahren, daran war nicht zu denken. So etwas hat es außerhalb der winterlichen Jahreszeit noch nicht gegeben, dass mich der Regen während einer ganzen Arbeitswoche am Fahrradfahren gehindert hat. Den Hinweg zum Zahnarzttermin habe ich somit zu Fuß erledigt. Aus der Zahnarztpraxis heraus, warte ich an der Bushaltestelle, um ins Büro zu gelangen. Regennass ist die Durchgangsstraße durch unseren Ort, die Regentropfen klatschen auf den Asphalt, Rinnsale laufen in die Gully-Deckel hinein. Fußgänger haben Regenschirme aufgespannt. Im Regen geht der Alltag einen trägeren und weniger beschäftigten Gang.
16. März 2019
Obschon der Chor zu den ältesten Teilen des Kölner Doms gehört, sind die Mosaike auf den Bodenflächen des Chors jüngeren Datums. Sie wurden erst 1888 mit der Vollendung des Kölner Doms fertig gestellt. Die Mosaike bedecken den kompletten Chor, und in vielen Mosaiken findet man die Wappen der Herrschaftsgeschlechter der Kölner Erzbischöfe wieder. Ein Mosaik befasst sich mit der Einheit von kirchlicher und weltlicher Macht. Nur in gemeinsamer Eintracht konnte das Christentum etabliert werden. Fürsten und die Kirche mussten zusammen stehen. Das Christentum musste verteidigt werden, und nur unter dem Schutz von Fürsten, Grafen, Herzögen und Herrschern konnte solch ein gewaltiger Kirchenbau, dessen Höhe und Größe alles überragt, vollendet werden. Der Kölner Dom als Symbol einer Einigkeit, die allerdings im späten Mittelalter gewaltig zu bröckeln begann.
17. März 2019
Freundschaften als zerbrechliches Gebilde. Im Zeitverlauf haben die Gelegenheiten abgenommen, Freundschaften zu pflegen. Die Zeitnot lässt nicht nach. Der Versuch, sich dagegen zu wehren, von anderen in der Zeiteinteilung fremdbestimmt zu werden, ist nicht immer erfolgreich. Das sind Katzen und Kinder, aber auch alle möglichen anderen geplanten und ungeplanten Dinge, die den Terminkalender füllen. So kam letzten Donnerstag ein Arzttermin des Schwagers meiner Frau dazwischen, der den ganzen Donnerstag Vormittag platt machte. Es war ein Termin beim Augenarzt, bei dem zufälligerweise noch ein Termin frei war. Normalerweise – zumindest bei unserem Augenarzt – muss man monatelang warten, um einen Termin bekommen zu können. Diese Gelegenheit musste mit einer intensiven Beratung und einer intensiven Diagnose wahrgenommen werden. An einer anderen Ecke blieb dann die Arbeit liegen und die Zeitnot erschwerte unsere Planungen.
18. März 2019
Unter der Betriebsamkeit von all den Zügen lugt das Konglomerat von Euskirchen hervor, das in einer Linie vom Bahnhof zum platten Baustil der Fußgängerzone verläuft, an die sich der Marktplatz am anderen Ende der Innenstadt anschließt, wo sich Ecken der Gemütlichkeit konzentrieren. Der Bahnhof kann als Anfang und Ende formuliert werden, als ein sich schließender Kreis um die Innenstadt. Der Umfang des Gleisnetzes ist erheblich. An den Bahnsteigen kreuzen sich die Eisenbahnlinien nach Bonn, Bad Münstereifel, nach Köln und zur Bahnlinie quer durch die Eifel nach Trier. Abseits der Eisenbahnknotenpunkte Köln und Bonn, bedienen die Zügen die entlegeneren Gebiete von Eifel und Voreifel. Abseits der Ballungsräume, ordnen sich die Bahnsteige unter, die Züge tuckern auf den nicht elektrifizierten Bahntrassen daher und klappern die umliegenden Dörfer in längeren Taktungen ab. Aber wenigstens schließt sich ein ehemaliger Güterbahnhof an, der mit seinen mehr als zehn Nebengleisen Umfang und Größe bewahrt hat, eine Größe, die es sogar mit dem Bonner Hauptbahnhof aufnehmen könnte. Der Gang durch Euskirchen begann am Bahnhof und führte wieder dorthin zurück. Mit Euskirchen ist es so wie mit vielerlei Städten im Rheinland. Weil der Zweite Weltkrieg nur wenig von der historischen Substanz übrig gelassen hatte, musste sich der Betrachter mit der platten Nachkriegsarchitektur auf dem Weg in die Moderne begnügen. Die Moderne aus Glas und Beton hatte sich in die Fußgängerzone hinein gefressen, sie hatte öde Plätze hinterlassen und fußte in abweisenden Gebäudeklötzen zwischen Warenhäusern und Modeläden. Das Konglomerat aus Bahnhof, Fußgängerzone und Marktplatz konnte aber auch Neugierde erwecken: nicht nur auf dem Marktplatz, sondern auch am Rathaus oder um die St. Martins-Kirche herum. Rund drei Stunden verbrachte ich in Euskirchen. Mit seinem platten Erscheinungsbild war Euskirchen bei weitem nicht so schlimm wie etwa Düren oder Leverkusen. Die Neugierde auf diese Stadt blieb jedenfalls nachdrücklich in mir haften.
19. März 2019
Es war auf dem Marktplatz, wo ein Brunnen an die Vergangenheit von Euskirchen erinnerte. Der Brunnen befasste sich mit dem Arbeitsleben und den Arbeitern, die dazu gehörten. Die ländlichen Gegenden beherrschte die Landwirtschaft, die von den Bauer und Bäuerinnen geprägt wurde. Der Brunnen gab sich da ganz gendergerecht. In gebückter Haltung schob eine Bäuerin einen Gemüsekarren zum Markt, um ihre Ernte anzubieten, die Körbe aus Korbweide waren prall gefüllt. Den nächsten Arbeitertyp verkörperte der Gerber. In geneigter Haltung spannte er das glatte Lederstück auf, welches in vielen Falten die Schwere der Arbeit und die Anspannung erkennen ließ. Der Weber mit dem Webstuhl nahm den größten Teil des Brunnens ein. Der Weber selbst verschwand hinter dem wuchtigen Aufbau des Webstuhles und trat erst bei genauerem Hinsehen in Erscheinung. In typischer Weberkleidung saß er ganz konzentriert und schoß das Schiffchen durch. Tuchfabrik, Lederfabrik und Landwirtschaft waren dargestellt in den Gewerken auf dem Brunnen. Das war typisch für Euskirchen und seine Umgebung. Menschen und ihre Arbeit, die das Umland von Euskirchen geprägt haben.
20. März 2019
Unverhoffte Begegnung im Getränkemarkt. Es war ein Freund, mit dem ich zeitweise gemeinsame Rennradtouren gefahren war. Das waren vereinzelte Touren über einen Zeitraum von zwei Jahren, danach war er mir effektiv davon gefahren, weil er viel mehr in Übung war und weil ich viel unflexibler war, gemeinsame Touren zu machen. Die Begegnung war herzerfrischend, da ich ihn gefühlte mehrere Jahre nicht mehr gesehen hatte. Spontan entstanden Pläne, noch einmal gemeinsam mit dem Rennrad zu fahren. Ich wagte allerdings vorherzusagen, dass dies in der allgemeinen Zeitnot schwierig sein würde. Viel zu genau musste ich meinen Terminplan im Auge behalten, wann sich eine Lücke eröffnen würde. Dann musste ich nachfassen, ob dieses Zeitfenster auch beiderseits existierte. Dazu fehlte mir bisweilen die Energie, nicht nachzulassen in bezug auf einen Freundeskreis, der zu bröckeln begonnen hatte. Eine gemeinsame Rennradtour war es Wert, aber würde es tatsächlich dazu kommen ?
21. März 2019
Vorgestern hat ein neues Kapitel in unserer Katzengeschichte begonnen. Es war ein spannender Tag für unseren Kater Jumbo, als wir ihn zum ersten Mal in unseren Garten hinaus gelassen haben. Ganz vorsichtig tappste er die Terrasse hinab und spazierte vorsichtig über unseren Rasen. Als meine Frau ihn gesucht hatte, fand sie ihn nicht im Garten, weil er sich wieder in unserem Wintergarten verkrochen hatte. Als wir uns gestern im Garten zu schaffen machten, war sein Entdeckungsdrang größer. Dabei passte unser Kater Oskar aufmerksam auf ihn auf. Stets in Sichtweite von Oskar, wagte sich Jumbo bis zu unserem Komposthaufen in der anderen Ecke unseres Gartens. Er lernte viele Winkel unseres Gartens kennen, so schnupperte er zwischen den Buchsbaumreihen zu unserem Nachbargrundstück. Er lümmelte sich auf unserem Rasen, seine Pfoten federten seicht auf den Wegen aus Rindenmulch. Als wir unsere Gartenarbeit beendeten, nahmen wir Jumbo von seinem Ausflug in unser Haus zurück.
22. März 2019
Von vornherein war ich skeptisch, ob das Ding funktionieren würde. Wie bei vielen Einkaufszentren halte ich es für eine Mogelpackung, dass der Mensch sich über das Einkaufen definiert. Die Planer meinen gerne, dass eine gewisse urbane Atmosphäre durch Einkaufszentren entstehen kann. Orte des Einkaufens sind Orte der Kommunikation. Menschen begegnen sich, das Zentrum wird wieder lebendig, neue Erlebniswelten blühen auf. Ich sehe das aber nicht so in unserem Nachbarort. Ab dem 11. April kann man bei dm und ALDI einkaufen, dazu gibt es noch einen Friseur und eine Apotheke. Noch ist nichts zu sehen von einem Café oder einem Restaurant, um zu verweilen und Grundbedürfnisse der Kommunikation zu pflegen. Was das Einkaufen betrifft, möchte ich wetten, dass es spätestens nach einem Jahr eine Konsolidierung der Standorte geben wird. Der Mensch kann ja seinen Bedarf an Einkäufen nur einmal ausgeben. Sowohl dm wie ALDI gibt es in die eine Richtung und in die andere Richtung in den Nachbarorten, als drei dm und drei ALDI. Die Einkäufe werden sich nun auf drei anstatt zwei Standorte verteilen, was für die drei Standorte in Summe nicht mehr rentabel sein wird. Dann werden Flächen leerstehen und verzweifelt wird nach Nachmietern gesucht werden. Zumindest freuen sich diejenigen über das neue Zentrum in unserer Stadt, die nach Wohnungen suchen. 52 neue Wohnungen hat man über dem Einkaufszentrum gebaut, das ist jede Menge bei der angespannten Wohnungssituation.
23. März 2019
Unser Malheur mit unseren Katzen will effektiv nicht abreissen. Dass unsere Katzen über einen längeren Zeitraum gesund sind, wird einstweilen ein Traum bleiben. Periodisch geht es zu unserer Tierärztin, die sich sichtliche Mühe gibt, alle Kränkeleien und Krankheitssymptome zu heilen. Diesmal ist unser Kater Oskar an der Reihe, der nichts bis fast gar nichts frißt. Bevor er entlaufen war, hatte er Probleme mit seinen Zähnen. Ein Zahn war abgebrochen, so dass er in diesem Zeitraum nichts bis fast gar nichts fraß. Als er nach seinem Verschwinden zurück gekehrt war, verbesserte sich sein Essverhalten deutlich. Bis vor einigen Wochen fraß er normal, bis er mit einem Mal ungefähr jegliche Nahrung verweigerte. Sein Mund sei tiefrot entzündet, diagnostizierte die Tierärztin, und zwar in demjenigen Bereich, wo seiner Zeit der Zahn abgebrochen war. Nun erhält er Antibiotikum in Form von Tabletten, so dass er wieder besser frißt. Diesen Donnerstag ist OP-Termin. Dann wird sie den abgebrochenen Zahn ziehen.
24. März 2019
Unser Entschluss, einen Flohmarkt zu besuchen, war spontan. Während meine Frau arbeitete, entstand die Idee mit unserer Tochter um die Mittagszeit, als sie nach Flohmärkten fragte. Zufälligerweise entdeckte ich im Internet, dass genau an diesem Sonntag ein Antikmarkt in der Kölner Altstadt stattfand. Doch dazu würde es zu spät werden und die Anfahrt zu weit sein, nachdem meine Frau von ihrer Arbeit nach Hause kommen würde. Zudem hatte sich der Schwager angemeldet, dessen Unternehmungslust oder -unlust wir ebenso berücksichtigen mussten. So recherchierte ich im Internet, dass ganz in der Nähe ein Flohmarkt beim HIT-Supermarkt in Troisdorf-Sieglar statt fand. In einer Viertelstunde mit dem Auto war dieser Flohmarkt gut erreichbar. So machten wir uns gegen halb vier mit Frau, Tochter und Schwager auf den Weg. Unsere Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht, dass alle Stände bereits in einem Zustand der Auflösung waren, weil sie ihre Klamotten einpackten. Der größte Teil der Stände bot deren Trödel, Hausrat und nicht mehr benötigten Habseligkeiten zum Verkauf an. Wirklich Interessantes war für mich nicht dabei, da ich gerne in alten Büchern, Schallplatten oder CDs herum stöberte. Aber unsere Tochter fand hier und da Gefallen. Meine Frau kaufte an einem Blumenstand eine Palette mit Stiefmütterchen. Von einem Freund aus dem Behindertentreff trafen wir seine Schwester. Aufregend war der Flohmarkt nicht direkt, aber wir kamen heraus aus unseren vier Wänden, wir bummelten, stöberten, schauten hier, schauten da und sahen gemeinsam dem Treiben zu.
25. März 2019
Einen gleich vierfachen Ausstand gab es in unserer Abteilung zu feiern. Wir tranken Sekt, jede Menge Kuchen war gebacken, Streuselkuchen, Schokoladenkuchen mit Kirschen, Trockenkuchen, und mit dem Kuchenbacken hatte man keine Mühen gescheut. Unsere Chefin verließ uns in eine andere Abteilung, meine frühere Teamleiterin genauso. Mein Kollege, der mit etwas über 65 Jahren in den Ruhestand ging, hielt eine Rede zu den wilden 1968er-Zeiten, als er seine Lehre als Fernmeldehandwerker begonnen hatte. Mit etwas Wehmut hörte ich seiner Rede zu, wohl wissend, dass solch eine Situation innerhalb eines überschaubaren Zeitraums genauso auf mich zukommen würde. Doch daran dachte ich längst nicht, so dass ich mir den Kuchen und den Sekt schmecken ließ, während ich unter dem lauten Lärmpegel Gesprächen zu entkommen suchte. Plaudereien war ich eher zugeneigt, als wir mit unserer Abteilung abends im „Tuscolo“ aßen, einer Pizzeria, in der wir in der Vorweihnachtszeit mit unserer Familie gelandet waren. Bei einer Pizza Marea, die ich diesmal aß, blühten alte und längst vergangene Zeiten wieder auf. Namen wurden ausgesprochen, die längst vergessen waren. Orte der Ausbildung wurden lebendig, denen ein schauriges Schicksal widerfahren war. Mit dem Abschluss eines Diplom-Verwaltungswirtes war eine Fachhochschulausbildung konzipiert worden, die mit Phasen der Praxis wechselte. Eine Kollegin und ein Kollege hatten wie ich die Fachhochschulausbildung durchlaufen, die im südhessischen Dieburg stattfand. Das schaurige Schicksal war dem Hochhauskomplex am Standrand von Dieburg widerfahren, indem die Fachhochschulausbildung anderweitig durchgeführt wurde. Da es keinerlei Verwendung für die Hochhäuser gab, wurden diese weggesprengt. Diese Detonation des Wegsprengens löste ein innerliches Unbehagen aus, da wesentliche Teile der eigenen Vergangenheit ausgelöscht worden waren. Wir erinnerten uns an Dozenten, an wilde Feten, ganz viel Feiern, und dass wir nebenher auch ein wenig gelernt hatten. Besonders in Erinnerung war meinem Kollegen ein BWL-Professor haften geblieben, der den Studenten das Input-Output-Modell zu erklären versuchte. Mensch, Maschine und Material stellten den Input dar. Der Professor drehte das Modell um und betrachtete es von hinten. Wichtig sei, was ganz am Ende herauskomme, meinte er, womit er den Output meinte. Von nix kommt nix, so formulierte er sein Modell um. Wenn nichts herein gesteckt wird, kommt auch nichts heraus. Keine Menschen, keine Maschinen, kein Material, dann entstehe auch kein Output. Eine etwas nihilistische Auffassung, die allerdings in manchen beruflichen Situationen einen Kern der Wahrheit beinhaltete.
26. März 2019
Spüre ich, dass ich älter werde ? Zwei Tage lang hintereinander All-Hands als Ganztagesveranstaltung, zwei Tage lang hintereinander abends im großen Kollegenkreis zusammen sitzen und gemeinsam essen, das war gestern dann doch etwas zuviel. Um viertel nach neun verließ ich das Lokal, als zweiter in unserer Runde, und ich wähnte mich froh, im Bus zu sitzen. Gestern verabschiedete sich unser Kollege in den Ruhestand, dazu verabschiedete sich unsere frühere Chefin in eine andere Abteilung. Im Restaurant „Zum Stiefel“ hatten wir gegessen, ein wirklich gemütliches Lokal mit seinen holzvertäfelten Wänden. Die Leber, die ich gegessen hatte, war allerdings etwas mittelmäßig geraten. Die Soße schmeckte leicht angebrannt, viel zu viel Soße mit reichlich Äpfeln und Zwiebeln für viel zu wenig Leber. Ein anderer Kollege, der seit zwei Jahren im Ruhestand war, war extra aus Herne im Ruhrgebiet angereist und übernachtete im Hotel. Als er mich begrüßte und ich in seine Augen sah, merkte ich an, dass so manches beim Alten geblieben sei. Da ich ihn wohl wissentlich angeschaut hatte, fasste er nach. Denn ich hatte darüber hinweg geschaut, dass er 14 Kilogramm abgenommen habe. Naturgemäß war er als Ruheständler viel beschäftigt. Auf seinem Smartphone zeigte er sein Motorrad, das er sich zuletzt gebraucht zugelegt hatte; damit trieb sich auf Biker-Treffs im Münsterland herum. In Hallen hielt er sich mit Indoor-Cycling fit, das war so eine Art Heim-Fahrradtrainer, wo er sich bei laufenden Musikrhtymen abstrampelte. Er machte Fahrradtouren durchs Ruhrgebiet, und nun war er hier. Wir quasselten viel über vergangene Zeiten, das waren vor allem Erlebnisse aus Zeitaufnahmen, zu denen ich nicht allzu viel beitragen konnte, weil ich mangels REFA-Schein nie auf Zeitaufnahmen war, aber mich um so intensiver mit den Ergebnissen befasst hatte. Ein trauriges Gesprächsthema gab es auch: ein früherer Kollege, den wir 2009 in seiner Heimatstadt Dresden in den Ruhestand verabschiedet hatten, war im letzten Jahr, kurz vor seinem 75. Geburtstag, an Prostata-Krebs verstorben.
27. März 2019
Im Moment reichlich Ärger mit der Krankenkasse, die macht, was sie will. Ihre Versicherten ärgert sie, weil sie Fehler macht und sich verrechnet. In ihrem Konstrukt ist sie schlecht miteinander abstimmt, weil ich als Beamter über die HUK eine sogenannte Bundesbeihilfe erhalte und von der Postbeamtenkrankenkasse Kassenleistungen. Arztrechnungen muss ich selbst bezahlen, und gerne fehlen bei den Erstattungen der Krankenkasse etliche Euros, weil sie die Gebührenordnung für Ärzte sezieren und haargenau hinsehen. Als die HUK sich mit einem satten Betrag von 900 Euro schlichtweg verrechnet hatte und diesen von mir zurück gefordert hatte, habe ich selbst mit dem Seziermesser, wie die Krankenkassen es selbst machen, haargenau hingeschaut, ob sie ihren Job richtig machen. Bei dem Ergebnis sträuben sich die Haare. Zum Beispiel hat die Postbeamtenkrankenkasse die Erstattung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, wenn ich mich bei meinem Arbeitgeber krank melden muss, abgelehnt mit der Begründung, dass diese zu 100% über die HUK (=Bundesbeihilfe) erstattet werden. Die HUK übernimmt aber nur 50% und erstattet nicht den vollen Anteil. Ähnlich durcheinander geht es bei Zuzahlungen für Medikamente zu. Häufig sind die Fälle, dass beide, Postbeamtenkrankenkasse und die HUK, die Zuzahlungen für Medikamente einbehalten haben. Dass wir als Familie in Summe viel zu viel zugezahlt haben, interessiert die HUK anscheinend nicht. Momentan fühle ich mich wie ein Auszubildender zum Sozialversicherungsangestellten. Die Gebührenordnung für Ärzte studieren, die Bundesbeihilfeverordnung interpretieren, die Satzung der Postbeamtenkrankenkasse einordnen. Ein zeit- und nervenaufreibendes Thema, was die Krankenkasse erstatten muss, welche Ausschlussgründe es gibt und wo sie ihren Interpretations- und Ermessensspielraum äußerst kleinlich auslegen.
28. März 2019
Als ich mit dem Fahrrad vorbei fuhr, war das ganze Spektakel vorbei. Das Zelt hatte sich geleert, die Mitarbeiterinnen mit den magenta T-Shirts hatten sich des Menschengewimmels entledigt, die Stuhlreihen und die Stehtische standen im Zelt in ihrer regen Interessiertheit noch nebeneinander. Der Kreis der Besucher, die die Jahreshauptversammlung verließen, war nicht so exklusiv, wie es dieses von oberster Managementebene gesteuerte Event vermuten ließ. Nicht nur Manager oder Geschäftsführer verließen das Zelt auf dem Platz der Vereinten Nationen, sondern es waren auch viele in Freizeitkleidung gekleidete Menschen von Jung bis Alt dabei. Menschen von Jung bis Alt, die wie so viele andere Normalsterbliche Aktien besaßen und die gute Nachricht vernehmen durften, dass die Deutsche Telekom pro Aktie eine Dividende von 70 Cent ausschüttete, was allemal besser war als die Nullverzinsung auf dem Sparbuch. Das Spektakel war vorbei, dass der Vorstand über Umsätze, das Geschäftsergebnis und Finanzkennzahlen philosophiert hatte. Als Dax-Konzern, wogten die Kennzahlen eines finanziellen Schwergewichtes in dem Zelt. Das Grundkapital stückelte sich in Aktien, die im Milliarden-Bereich lagen. Präzise gesagt, waren es 4.761.458.596 Aktien, davon hatten sich 3.244.410.189 Aktien als Streubesitz unter das Volk verteilt. 12,2 Milliarden Euro, also eine unvorstellbar große Menge an Geld, kamen über Aktien an Grundkapital zusammen. Nimmt man nicht den Nennwert der Aktien, sondern deren Kurs, was sie wirklich Wert sind, dann wird dieser Haufen an Geld noch unvorstellbarer. Auf dem Markt sind diese Aktien 74,7 Milliarden Euro Wert. Dieser Geldhaufen ist wiederum „Kleinkram“ gegenüber US-amerikanischen Finanzkolossen wie Microsoft, Apple oder Amazon, die zeitweise den Billionen-Euro-Marktwert überschritten hatten.
29. März 2019
Ralf Schmitz – ein Komiker, dem wir mittlerweile zum vierten oder fünften beigewohnt haben. Diesmal war es nicht in einer kleineren Veranstaltungshalle, sondern in der großen Lanxess-Arena. Bis hoch oben waren die Ränge besetzt, was dem Charakter seines interagierenden Improvisationstheater keinen Abbruch tat. Auch in der großen Halle war er in seinem Element. Kaum jemand konnte so schnell sprechen wie er, seine Wortschwalle platzten aus ihm heraus wie ein Wasserfall. Wie ein Stehaufmännchen jagte er von einem Sketch zum nächsten. Bei vielen Sketchen suchte er den Kontakt zum Publikum, das er einbezog, und so mancher Zuhörer fand sich dann auf der Bühne wieder, häufig ungewollt. Mit Bravour meisterten die Akteure dann ihre Rolle. In seinem Programm „Schmitzeljagd“ setzte sich Ralf Schmitz mit dem Abenteuer Leben auseinander und suchte nach Antworten auf Fragen wie „warum ist jung sein heute so ein Stress – und warum will denn trotzdem niemand alt werden“ oder „wie schaffe ich es bloß, tatsächlich jede Serie zu gucken, die mir empfohlen wird.“ Das Leben stellt einen vor schier unlösbare Aufgaben – eine echte Schmitzeljagd eben. Wie bei den vergangenen Vorstellungen, haben seine Sketche gezündet, die Pointen waren scharf gesetzt und wir haben jede Menge gelacht.
30. März 2019
Eine ausklingende Woche in einem Wechselbad der Gefühle. Ende März war bei der Arbeit so eine Art Zahltag, denn die Höhe der Zielerreichung wurde bekanntgegeben. Auge in Auge, gab meine Chefin um die Freitagsmittagszeit in Stein gemeißelte Prozentzahlen bekannt, woraus sich dann die einmal jährlich im Mai ausgezahlte variable Vergütung errechnete. Die Prozentzahl war nicht schlecht – und würde mit der Auszahlung im Mai wieder etwas festen Boden unter den Füßen verschaffen, was die finanzielle Situation betraf. Mit dem Rennrad vom Büro aus zu Hause angekommen, musste ich mich dem straffen Terminplan aus Besorgungen, Erledigungen und Terminen stellen. Ein dicker Termin kam am Samstag, aber nicht zwischen Erledigungen und Besorgungen für uns, sondern für unsere Tochter. Fünf Stunden lang, von 10 bis 15 Uhr, sollte sie mit ihrem Jugendchor proben. Ich hatte alles eingetaktet, um sie zum Pfarrheim in unserem Ort zu fahren. Viertel nach sieben aufstehen, Brötchen besorgen, vorher bei REWE Getränke einkaufen. Nachdem unsere Tochter zuvor in ihre WhatsApp-Nachrichten hinein geschaut hatte, dass sie außer ihrem Songbook noch Bleistift, Kugelschreiber und Textmarker mitzubringen habe, provozierte sie gegen halb zehn den Eklat. Als wir sie baten, von ihrem Zimmer hinunter zu kommen und ihre Schuhe anzuziehen, teilte sie uns ihre Nachricht mit, dass sie ihre Tage habe. Infolgedessen fühle sie sich unwohl und könne nicht zum Jugendchor gehen. Mit Engelszungen redeten wir auf sie ein, dass so etwas ein No-Go sei eine halbe Stunde vor Beginn, dass sie zumindest Anwesenheit zeigen müsse und – wenn nicht anders möglich – die Probe nach einer gewissen Zeit verlassen solle. Stur, als dreizehnjährige Teenagerin, blieb sie dabei. Es sollte uns nicht gelingen, sie aus dem Haus zu bewegen. Sie müsse sich hinlegen, sie brauche ihre Ruhe. Eine solche Unzuverlässigkeit als inakzeptabel rügend, flüchteten wir uns in unsere Gartenarbeit. Der ganze Tag war über den Haufen geschmissen. Alternativ machte unsere Tochter die Berichtigung der Mathearbeit, während wir ursprünglich geplant hatten, bis 15 Uhr Gartenarbeit zu erledigen. Danach hätten wir zusammen im HUMA-Einkaufszentrum unsere Wocheneinkäufe erledigt, später hätten wir dort zu Abend gegessen. So flüchteten wir uns den kompletten Nachmittag in die Gartenarbeit.
31. März 2019
Besuch aus dem Tierheim hatte sich angekündigt. Mitarbeiter kontrollieren, wie wohl sich Katzen, Hunde und andere Tierarten bei ihren neuen Besitzern fühlen. Bei Rambo und Oskar, die wir aus dem Troisdorfer Tierheim geholt hatten, sind die Mitarbeiter anscheinend davon ausgegangen, dass sie sich bestens wohlfühlen, denn niemand hat sich bei uns blicken lassen. Obschon gelegentlich von Tierkrankheiten geplagt, geht es Rambo und Oskar bestens, genauso wie unserem Kater Jumbo aus dem Bonner Tierheim. Dieses hatte sich nun bei uns telefonisch gemeldet, um dies zu überprüfen. Viel gab es dabei nicht zu überprüfen, denn Jumbo verschlief den Tierheimbesuch komplett. Als der Mitarbeiter begutachtete, dass jede Katze ihre eigene Toilette hatte, war bereits alles in Ordnung. Und dem schlafenden Jumbo glaubte man, dass er sich bestens bei uns wohlfühlt.
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