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Tagebuch März 2024

1. März 2024


Betrachtet man die Assoziationen, die man mit seiner eigenen Schulzeit verbindet, so gehen die normierten Bauten der Schularchitektur der 1970er Jahre in diesen Gefühlswelten unter. Das sind Gefühlswelten, die in öffentlichen Diskussionen wieder hochkommen, da diese Bauten aus Betonfertigteilen nicht für die Ewigkeit gebaut worden sind. Sie müssen nicht hübsch aussehen, die Klassenzimmer müssen zweckmäßig angeordnet sein, die Laufwege sollten kurz sein, die Verpflegung in der Mensa sollte gut erreichbar sein. Der Begriff „Lernfabrik“ mag bei einer solchen Dominanz der Zweckmäßigkeit seine Berechtigung haben. Nun, da dieses Schulzentrum in unserer Stadt in die Jahre gekommen ist, ist der Sanierungsbedarf gestiegen. Das Dach ist undicht und so weiter. Die öffentliche Diskussion ist in vollem Gange, dass neu gebaut werden soll wegen des Sanierungsbedarfes und wegen der Schülerzahlen, die insbesondere die Gesamtschule nicht mehr aufnehmen kann. Irrsinnig hohe Geldsummen werden diskutiert, die den Haushalt der Stadt explodieren lassen – aber die Zustimmung finden wegen der Wertigkeit der Investitionen in die Bildung und auch wegen der positiven Assoziationen mit dem Schulbau aus den 1970er Jahren. Unsere große Tochter hat dort die Mittelstufe des Gymnasiums durchlaufen, der SPD- und der CDU-Bürgermeisterkandidat haben dort ihr Abitur gemacht (der SPD-Kandidat ist inzwischen zum Bürgermeister gewählt worden), beide bekräftigen, sie hätten sich dort wohlgefühlt, sie hätten viele schöne Erinnerungen und aus ihnen sei etwas geworden. Ich selbst bin dort nie zur Schule gegangen, sondern am Niederrhein in einem ähnlich aussehenden Bau aus den 1970er Jahren. Ja, auch mit meinem Gymnasium verbinde ich viele positive Assoziationen, vieles habe ich gelernt, es gab gute und schlechte Lehrer. Und ich gebe zu, was Fächer wie Mathematik, Geschichte, Englisch oder Französisch betrifft, die Lehrer waren einfach hervorragend, vieles ist mir bis heute noch im Gedächtnis haften geblieben. Aktuell wird eine Bausumme von 91 Millionen Euro für den Neubau des Schulzentrums in unserer Stadt diskutiert, der Auftrag wurde inzwischen an einen Auftragnehmer vergeben, die Bauarbeiten sollen im Kürze, im April, beginnen. Da die Bildung unstrittig und allgemein ein hohes Gut ist, haben sich die Wogen momentan geglättet. Aufruhr wird es aber im nächsten Jahr geben, wenn die Allgemeinheit zur Kasse gebeten wird, wenn die Grundsteuer nochmals massiv erhöht werden wird.



2. März 2024


Der Laufstall ist in unserem Haus zum Einsatz gekommen. Unsere Nachbarn haben ihn uns zur Verfügung gestellt, die selbst drei Enkelkinder haben, wovon eines aus dem Laufstall-Alter heraus gewachsen ist. Unser Enkelkind ist nun einen Monat alt, und sein Drang, sich fortbewegen zu wollen, nimmt zu. Gleichwohl kann man von einem Krabbeln noch nicht reden. Unser Emil hat Blähungen und ist unruhig. Wenn er nicht gerade schläft, stillt ihn unsere Tochter stündlich. Ist das Stillen beendet, schaut er eine Weile interessiert die Umgebung und Personen an, dann wird er unruhig. Er verzieht sein Gesicht, er fängt zu schreien an und bewegt die Beine hin und her. Dieses Schreien kann heftig und intensiv werden, und in demselben Modus zappeln die Beine hin und her. Zum entspannten Liegen haben wir heute einen Spielbogen im Laufstall aufgebaut. Bei seinem Willen, seine Beine zu bewegen, haben wir es für angebrachter gehalten, ihn auf den Bauch zu legen, damit er seine Beine betätigt. Krabbeln kann man dies noch nicht nennen. Den Kopf kann er bereits gut anheben, die Arme stützen noch nicht, aber die Beine wollen vorwärts. Während dieser Beinbewegungen hat das Schreien etwas nachgelassen, bisweilen verschieben diese die Position des Oberkörpers. So müssen wir unser Enkelkind nicht ständig im Visier haben. Irgend wann ermüden die tretenden Beine, die angestaute Kraft hat sich abgearbeitet. Unser Enkelkind ist im Laufstall eingeschlafen.



3. März 2024


Außer dem U3-Untersuchungstermin unseres Enkelkindes beim Kinderarzt war die 10. Kalenderwoche durch weitere Arzttermine geprägt. So hatte meine Frau am Montag einen Termin beim Kardiologen, um ihre Herzrhythmusstörungen weiter untersuchen zu lassen (eine Kardioversion war im Herbst im Krankenhaus erfolgreich durchgeführt worden). Da die kardiologische Praxis direkt neben einer U-Bahn-Haltestelle lag, benutzten wir öffentliche Verkehrsmittel in die Stadt. Wie bei früheren Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, war die Mitfahrt meiner Frau eine Indikation dafür, dass es zu Verzögerungen kommen würde. Diesmal war es eine Baustelle an einer ganz anderen Ecke der Stadt, nämlich der Abriss des sogenannten Endenicher Eies, was sich bis zu den Zufahrtsstraßen auf die Kennedybrücke auswirkte. Der Rückstau war dermaßen lang, dass sie trotz eines erheblichen Zeitpuffers so gerade rechtzeitig zum Termin eintrudelte. Dort bekam sie unter anderem ein Gerät zur mehrtägigen Messung des Pulsschlages mitgegeben. Drei Tage später, am Donnerstag, ergab sich bei mir ein katastrophaler Zahnarzttermin. Als ich beim Frühstücken im Büro auf ein sehr knuspriges Zirbelbrot biss, zerbrach meine Zahnprothese am Oberkiefer. Mittendrin brach sie in zwei Teile auseinander. Die Sprechstundenhilfe beim Zahnarzt, den ich nachmittags aufsuchte, meinte, so etwas krasses hätte sie noch nie gesehen. Der Zahntechniker zeigte sich wenigstens optimistisch, dass er die Prothese wieder reparieren könne, was allerdings eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen sollte. Die Zahnarzthelferin nahm einen Abdruck meines Ober- und Unerkiefers, als Abholtag der reparierten Zahnprothese wurde mir der Mittwoch in der darauf folgenden Woche in Aussicht gestellt. Dies bedeutete, dass ich fünf volle Tage ohne jegliche Zähne am Oberkiefer herum laufen musste. Außer der verqueren Optik wirkte sich dies dahin gehend aus, dass ich nur noch Suppen und andere weiche Kost verspeisen konnte. Am Tag darauf war der nächste Arzttermin fällig, diesmal beim Augenarzt. Mehr als zehn Jahre hatte ich keinen Augenarzt mehr aufgesucht, so dass ich bei einer zugenommenen Kurzsichtigkeit schlimme Befürchtungen hatte. Das Sehvermögen war allerdings entsprechend dem Alter ausgeprägt, stellte der Augenarzt fest, so dass vorläufig kein Grund zur Beunruhigung bestand. Lediglich der Augeninnendruck lag leicht außerhalb des Grenzwertes, was zukünftig zur Folge hatte, dass ich ihn zweimal jährlich kontrollieren lassen musste. Kurios war bei dem Termin, dass der Schwager nicht erschien. Er hatte zu derselben Uhrzeit mit mir den Termin, obschon wir um 7 Uhr morgens noch miteinander telefoniert hatten, dass wir uns um 8 Uhr dort treffen wollten. Er kam aber nicht, und ich hatte auch mein Handy zu Hause liegen lassen, so dass ich ihn nicht anrufen konnte, was los war. Vom Home Office von zu Hause aus nahm ich den nächsten Kontakt zu einer Arztpraxis war, als ich das Messgerät für den Pulsschlag in die kardiologische Praxis zurück brachte. Das war eine Autofahrt rund um die Stadt in den Stadtteil Godesberg hinein, dieselbe Tour wieder zurück, was beinahe eine Stunde dauerte. Der Abend stockte bei der Diskussion mit dem Schwager, wieso er den Arzttermin beim Augenarzt nicht wahrgenommen hatte. Ursprünglich hatte er die – sehr gute – Idee gehabt, mit dem einen WG-Bewohner in der nächst gelegenen Gaststätte ein Bier zu trinken, er wollte ihn sogar dazu eingeladen haben. Diese Diskussion, die meine Frau mit ihm führte, kippte aber seine Stimmungslage. Einen Grund für sein Fernbleiben konnte er nicht nennen, er druckste nur herum, war zu einem gemeinsamen Gespräch nicht fähig, schließlich wurde er bockig und lehnte alles ab. Auch die Absicht, mit seinem WG-Bewohner in der Gaststätte ein Bier trinken zu wollen. Diese Absicht hatte zwischenzeitlich Kreise gezogen, als der dritte WG-Bewohner davon Kenntnis erlangt hatte. Um den Abend zu retten, griff meine Frau korrigierend ein, indem sie alle drei einlud. Dies konnte der Schwager nicht mehr ablehnen, so dass es ein gemütlicher Abend mitsamt einer Einladung zum Essen für alle WG-Bewohner wurde. Der Samstag hielt ein komplett neues Ereignis bereit, als unsere Tochter zum 18. Geburtstag einer früheren Klassenkameradin aus der Grundschule ausging. Da sie ihren Sohn stillte, gestaltete sich dies naturgemäß kompliziert. Um 18 Uhr fuhren wir sie dorthin, und unser Enkelkind hielt bis gegen 20 Uhr still. Zwischenzeitlich hatten wir beschlossen, in einer Pizzeria etwas zu essen zu holen, was die Abläufe verkomplizierte. Kurz nachdem ich unsere Speiseauswahl telefonisch bestellt hatte, war es nämlich so weit, dass unser Enkelkind nach seiner Mama verlangte, um gestillt zu werden. Dazu sollte ich meine Frau und unseren Enkel zu der früheren Klassenkameradin fahren. Ich fuhr sie dorthin, dann zu der Pizzeria, wo ich noch eine geraume Zeit warten musste. Dan fuhr ich zu der Klassenkameradein (beziehungsweise zu ihren Eltern) mit dem Essen zurück und fragte, wie wir vorgehen sollten. Meine Frau musste zunächst bleiben, da unsere Tochter noch nicht zu Ende gestillt hatte. Die Eltern der Klassenkameradin erklärten sich bereit, sie zu uns zu fahren, wenn das Stillen beendet war. So konnte ich mit unserem Sohn die Pizza plus Lasagne essen, zeitversetzt und später kehrte meine Frau mitsamt Enkelkind zu uns zurück, und ihre Spaghetti Bolognese waren noch ausreichend heiß, um sie zu essen. Gegen 23 Uhr gaben wir dem Enkelkind ein Fläschchen, und gegen 1 Uhr nachts holte ich unsere Tochter von der Geburtstagsfeier ab, wo die letzten drei Geburtstagsgäste noch ausharrten. Die Abwechslung dürfte für unsere Tochter höchst angenehm gewesen sein.


4. März 2024


Der 60. Geburtstag meiner Frau verlief nicht ganz banal, als wir uns abends im indischen Restaurant in unserem Ort Essen holten. Ich hatte nicht einmal ein Geschenk zu diesem runden Geburtstag, zeitlich hatte ich weder ein größeres Geschenk noch eine Kleinigkeit geschafft. Das nahm sie mir nicht im geringsten übel, und so nahm dieser Tag seinen ganz alltäglichen Gang der Dinge. Morgens, beim Aufstehen, sah es anfangs so aus, als hätte unser Enkelkind leichte Temperatur, dazu hustete es, doch den Kinderarzt ersparten wir uns. Schließlich hatte meine Frau selbst einen Arzttermin bei unserer Hausärztin, den sie wahrnahm, während unser Enkelkind seinen üblichen Rhythmus zwischen Gestillt-Werden und Schreien hatte. Ich arbeitete derweil im Home Office und verkroch mich vor dem Gestillt-Werden und Schreien unseres Enkelkindes. Am Ende des Tages resümierte meine Frau, dass die Schlafenszeiten des Enkelkindes tagsüber sehr gering gewesen waren. Legte unsere Tochter ihren Sohn an einen Schlafplatz, so regte er sich prompt wieder so nach fünf bis zehn Minuten. Verglich man die Schlafens- und Wachzeiten verteilt über den Tag mit uns Erwachsenen, so war der Unterschied gar nicht einmal so groß. Nachmittags suchte ich den Zahnarzt auf, um die zusammen geflickte Zahnprothese wieder einzusetzen, was mir eine Wartezeit von mehr als anderthalb Stunden auf den Zahntechniker bescherte, weil sich diese nicht richtig einsetzen ließ in meinem Oberkiefer. Diese Wartezeit wirkte sich aber günstig auf die abendliche Essensplanung aus. Wäre ich zu Hause gewesen, hätte ich mich nämlich an Porree mit Nudeln, Schinkenwürfeln und Mettwurst heran gewagt. Dem Zahntechniker war es zu verdanken, dass meine Frau vor mir von ihrer Arbeit nach Hause zurück gekehrt war. Als sie sah, dass wir noch keinerlei Vorbereitungen für das Abendessen ergriffen hatten, schlug sie vor, an ihrem runden Geburtstag etwas in dem indischen Restaurant zu holen. Dies war ein würdiger Rahmen zu diesem festlichen Anlass ihres 60. Geburtstags. Seit etwa einem Jahr war der Inder neu in unserem Ort. Er hatte sich in einer einst düsteren, schummrigen Kneipe eingerichtet. Ein einziges Mal in meinem Leben hatte ich mich in diese Kneipe hinein begeben: das war, als wir noch keinen Fernseher besaßen. Als der Rest der Familie ausgeflogen war, ereilte mich das Bedürfnis, bei der Fußballweltmeisterschaft 1994 das Vorrundenspiel Deutschland gegen Spanien sehen zu wollen. Damals waren die Spanier noch keine Übermacht, die Deutschen glänzten aber genauso wenig und trennen sich schließlich mit einem Unentschieden 1:1. Das Fußballspiel vermochte mich nicht vom Hocker zu reißen in dem düsteren, glanzlosen, schummrigen Inneren der Kneipe. So abweisend ich damals die Kneipe in Erinnerung hatte, um so heller und einladender empfand ich sie am heutigen Tag. Die Glasscheiben hatte man ersetzt durch klares Glas, die Lampen im Inneren schienen hell, und neben der damaligen Theke öffnete sich ein großzügiger Raum, wo jede Menge Restaurantbesucher Platz finden konnten. Ein großflächiges Foto des Tadjh Mahal an der Wand lud die Gäste mit einem breiten Essensangebot ein. Dieses schmecke mir sehr lecker, wenngleich ich mit dem gegrillten Chicken Tikka Masalla ein Essen erwischte, das ohne Soße war (diese entwendete ich von Sohn und Tochter). War insgesamt super-lecker, so dass ich davon ausgehe, dass wir dieses Restaurant wieder besuchen werden. So gewann dieser runde Geburtstag dann doch etwas festliches und der runden Zahl angemessenes inmitten dieses gerade einen Monat alten Menschenlebens, das uns Tag für Tag faszinierte.



5. März 2024


Die chemische Industrie hatte ich seit eh und je verteufelt. Was produziert wurde, war auf den ersten Blick nicht sichtbar, all die Systeme von Rohren und Leitungen sahen dubios aus, über dem Werksgelände schwebte das Damoklesschwert von Chemieunfällen, die in Seveso oder Bhopal gewaltige Umweltkatastrophen entfesselt hatten. Wenige Kilometer entfernt, direkt vor unserer Haustüre liegend, hat sich diese Einstellung zur chemischen Industrie relativiert. In unserem Stadtgebiet ist der weltweit agierende Evonik-Konzern ansässig, der zuletzt an ein Konsortium in Luxemburg verkauft worden war. Zum Beispiel stellt der Evonik-Konzern sogenannte Aktivsauerstoffe für die sterile Verarbeitung in der Lebensmittelindustrie her, Klebstoffe für medizinische Anwendungen oder Katalysatoren für die Kunststoffherstellung. Diese Vorprodukte haben ihre Berechtigung und finden sich in Endprodukten wieder, die man im Supermarkt kaufen kann, sie werden in Krankenhäusern angewendet und vieles mehr. Daraus schlussfolgere ich, dass Industrie a priori nicht schlecht ist, auch nicht die chemische Industrie. Bayer, BASF, Evonik & Co haben ihre Daseinsberechtigung unter den Restriktionen der gängigen Umweltstandards bei der Produktion. Sie versorgen die Bevölkerung mit Gütern, die sie für ihren täglichen Bedarf benötigen. Wobei unser kapitalistisches System die Bevölkerung motiviert, möglichst viel davon zu verbrauchen. Innerhalb des Produktionsprozesses entsteht eine Wertschöpfung. In unterschiedlichen Produktionsschritten werden Teile zusammengesetzt, Zwischenprodukte entstehen, deren Wert sukzessive bis zu den Endprodukten steigt. Trotz Maschinen und Automatisierung hat der Mensch in diesem Produktionsprozess seine Stellung, dass er zu der Wertschöpfung beiträgt. Daraus wird das soziale Gefüge einer Fabrik. Menschen üben ein Miteinander, sie verstehen sich oder verstehen sich nicht (die Unternehmensführung wird darauf drängen, dies so weit wie möglich zu vermeiden). Dass Industrie Arbeit schafft, gehört zum existenziellen Impact unserer Gesellschaft. Nicht zu vergessen ist, dass diese Arbeitsplätze in der chemischen Industrie in unserer Stadt gut bezahlt sind und weit oberhalb des Gehaltsniveaus in der Dienstleistungsbranche liegen, wie sie etwa im Handel, in der Pflege oder in der Gastronomie angeboten werden. Seit geraumer Zeit verteufele ich das Werksgelände der Evonik-Werke in unserer Stadt nicht mehr. Dieses Werk gehört in unsere Stadt – am Rhein als vereinigenden Strom liegend.  



6. März 2024


All die Klugheit und Weisheit Athens steht neben dem Eingang eines griechischen Restaurants. Eingerahmt von schwarzen Fachwerkbalken, ist die Statue der Athene fast so weiß wie der Anstrich der Wand, die zu einem zierlichen Fachwerkhaus in unserem Ort gehört. Wenngleich sie vor dem Eingang dieses Restaurant keine besondere Symbolik mit sich trägt, verkörperte sie im antiken Griechenland eine Allround-Göttin, die nicht umsonst dem antiken Zentrum Athen ihren Namen gab. Gleichzeitig war sie Schutzpatronin, sie galt als Göttin der Städte, sie war Göttin der Weisheit und des Kampfes, so auch der Kriegstaktik und der Strategie. Sie fungierte als Palast- und Schutzgöttin der mykenischen Herrscher. Sie war Schirmherrin der Künste und der Wissenschaften. Als Hüterin des Wissens beschützte sie auch Spinner, Weber und andere Handwerker. Sie war Namensgeberin der Redensart „Eulen nach Athen tragen“, was man mit überflüssigen Tätigkeiten assoziiert. Eine von drei Herleitungen dieser Redensart verbindet man mit der Göttin Athene. Diese Eule galt als Symbol für die Klugheit, die man Athene zuschrieb, womit sich Athene in ihrer Stadt Athen umgab. Eulen nach Athen zu tragen, war somit widersinnig, weil sich Eulen ohnehin in der Stadt Athen befanden. Unnützes, unnötiges, überflüssiges zu tun, dies sagt diese Redensarzt aus. Gerne verweisen griechische Restaurant in ihren Namen oder sonstigen Kontexten auf die griechische Antike, bei diesem griechischen Restaurant in unserem Ort ist es die Göttin Athene. Über Homer und die Odyssee ist ihr Wirkungsfeld in der griechischen Mythologie groß gewesen.



7. März 2024


Die Sprüche des US-Präsidentschaftskandidaten Trump haben mich so etwas von runtergezogen, dass vor dem Einschlafen ein Kopfkino mit Horrorszenarien ablief. Mit einer Zeitverzögerung von vierzehn Tagen hatten mich seine Äußerungen erreicht, als ich mich durch mehrere Youtube-Videos mit Albrecht von Lucke, Elmar Thevessen oder in Phönix-Runden zappte. Diese Äußerungen gaben Anlass zu schlimmsten Befürchtungen. In 14 Tagen würde er den Ukrainekrieg beenden, so hatte er heraus gepoltert, der russische Präsident solle alles Böse tun, was er zu tun gedenke. Die NATO sei obsolet, eine Weiterbeteiligung der USA käme höchstens dann in Frage, wenn die europäischen Länder zahlen würden. Das Szenario könnte eintreten, dass Russland Länder der EU wie Polen oder Litauen angreifen könnte, wobei die europäischen Staaten selbst ohne die USA ihre eigene Verteidigungsfähigkeit innerhalb der NATO hinbekommen müssten. Dann wäre da noch das weitere Szenario russischer Atomwaffen, dass Europa ohne einen amerikanischen Schutzschild erpressbar wäre. Die Situation wäre mit 1939 vergleichbar, wenngleich nicht ganz. Russland hat massiv hochgerüstet, die europäischen Staaten hinken stark hinterher und sind sich uneinig. Die Produktionskapazitäten zur Herstellung von Rüstungsgütern können nicht so einfach von einem niedrigen Niveau auf 100 hoch gefahren werden. So ungefähr wie beim Hitler-Stalin-Pakt wären die Staatsmänner der USA und Russlands in der Lage, den einen seinem Eroberungsdrang freien Lauf zu lassen, während er andere sich heraus hält. Das sind höchst bedrückende Aussichten, die das Datum des 5. November zu einem Schicksalstag der US-Präsidentenwahl werden lassen. Sie verpassen einem wahrhaft einen emotionalen Nackenschlag, dass wir uns ab einem Datum x nach der US-Präsidentschaftswahl nur noch damit befassen werden, wie ein Einmarsch der Russen ins Baltikum abgewehrt werden kann oder wann die erste Iskander-Rakete von Ostpreußen aus auf deutschem Boden einschlägt. Die Kriegsgefahr in Europa könnte seit 1945 real werden und alles überschatten. Soll man da nicht jetzt schlaflose Nächte haben ? Einstweilen werde ich es so halten wie in dem Buch 1913 von Florian Illies oder in Youtube-Videos über den Sommer 1939. Dieser Sommer 1939 war ein Bilderbuchsommer, das Wetter war so schön, dass man die Weltpolitik am liebsten gar nicht beachtete. Die Menschen tummelten sich in Schwimmbädern und genossen den Augenblick. Und ich hoffe, dass es vielleicht doch keine Analogie geben wir zum Hitler-Stalin-Pakt 1939. Und dass vielleicht doch George Biden der alte und neue Präsident der USA bleiben wird.



8. März 2024


Nachdem unsere Tochter die Geburtsurkunden an all diejenigen verschickt hatte, welche diese brauchten, kamen die ersten bürokratischen Themen in Gang, auf andere wartete unsere Tochter noch. Von der Kindergeldkasse hatte sie Bescheid bekommen, sie erhielt eine Nachzahlung sowie die laufenden, monatlichen Zahlungen. Die restlichen Themen waren in Bearbeitung. Die Elterngeldkasse hatte sich gemeldet und brauchte noch Unterlagen, und zwar den Ausbildungsvertrag, die Zahlungen des Mutterschaftsgeldes in 2024 sowie eine Bestätigung des Arbeitgebers über die Elternzeit. Diesen Antrag auf Elternzeit hatte sie unmittelbar, nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen worden war, an den Arbeitgeber geschickt, aber noch nichts davon gehört. Zuletzt hatte sie diesen per E-Mail kontaktiert, dass die Elternzeit nicht, wie ursprünglich angedacht, ein halbes Jahr, sondern ein Jahr dauern sollte. Den Kindergartenplatz musste sie noch klären, ursprünglich war ein Platz ein halbes Jahr nach Geburt angedacht, nun musste sie den Zeitpunkt ein Jahr nach Geburt klären. Des weiteren hingen in der Luft die Themen Vaterschaftsanerkennung und Unterhalt. Dass das Jugendamt die Beistandschaft übernehmen soll, hat sie dort eingereicht. Danach hatte sie vom Jugendamt nichts mehr gehört. Hinsichtlich der Vaterschaft war die Gemengelage ziemlich unübersichtlich. Nachdem sein Vater in Brandenburg den Vater des Kindes heraus geschmissen hatte, wohnte dieser bei seiner Freundin. Die Vaterschaft wollte er nur dann anerkennen, wenn unsere Tochter den Vaterschaftstest bezahlen sollte – was sie ablehnte. Nun musste das Jugendamt ihm mitteilen, dass man die Anerkennung der Vaterschaft gerichtlich anordnen konnte – es war aber keine Adresse des Vaters des Kindes bekannt. Ebenso war noch nichts zum Unterhaltsvorschuss gemacht worden, dem stand ebenso die unbekannte Adresse des Vaters des Kindes entgegen. Nun war unsere Tochter an der Reihe, das zu erledigen, was sie erledigen konnte.



9. März 2024


Heute war Oma-Tag, denn wir nahmen unsere Tochter auf unserem Weg zu unseren Wocheneinkäufen mit und setzten sie, kurz vor dem Einkaufszentrum, bei der Mutter des Vaters ihres Sohnes ab. Während wir unsere Einkäufe erledigten, konnten die beiden sich austauschen. Nachdem die andere Oma ihren Enkelsohn zuletzt im Krankenhaus gesehen hatte, dürfte sie überglücklich gewesen sein, ihr Enkelkind wieder gesehen zu haben. Obschon ihr Ex-Mann sie als kriminell bezeichnet hatte, weil sie den Staat um Sozialleistungen betrogen habe, war sie eine angenehme, unkomplizierte und nette Erscheinung. Ein wenig rätselten wir um ihr Alter, sie mochte um die fünfzig sein, also um eine Dekade oder mehr jünger als wir. Als wir den Hauseingang des Mietshauses im Schatten der Evonik-Werke, das im Mietskasernenstil gebaut worden war, betreten wollten, begegneten wir ihr sogleich, als sei mit ihren Mann oder Lebensgefährten sowie ihren zwei Hunden entgegen kam. Die Hunde müssten raus, meinte sie, sie wären in ihrer Wohnung total unruhig gewesen. Sie ließ uns zu unserer Tochter herein, verschwand wieder und versprach, zeitnah wieder zurück zu sein. Wir hockten uns in ihr Wohnzimmer, das akkurat angestrichen war in Blau- und Grau-Tönen, davon war die Wand hinter dem Aquarium von Dreiecken und anderen geometrischen Formen eingefasst. Neben Hunden waren Fische in einem Aquarium ihre tierischen Weggefährten. Auf dem großformatigen Fernseher lief auf RTL2 die Renovierungssendung mit Eva Brenner, wo sich auch diesmal sehr fleißige Handwerker zu schaffen machten. Wie schnell er doch gewachsen sei, das meinte die andere Oma, nachdem sie vom Ausführen der Hunde zurück gekehrt war. Während seines Aufenthaltes habe ihr Enkelkind viel geschrien, ihr Sohn sei aber im Säuglingsalter nicht so viel anders gewesen. Besonders schlimm habe sie das Autofahren in Erinnerung. Dieses mochte er irgendwie überhaupt nicht, so dass es besonders exzessiv schrie. Dies verneinten wir bei unserem und ihrem Enkelkind, denn Abwechslung mochte er grundsätzlich. Egal, wohin es ging, er schaute stets gespannt und nahm aufmerksam neue Umgebungen wahr.  Einen Strampler hatte sie unserer Tochter übergeben, ein weiterer Strampler kam von einer Arbeitskollegin, die das Enkelkind überhaupt nicht kannte. Nach vielleicht einer halben Stunde verabschiedeten wir uns von der anderen Oma, während wir unser Enkelkind in der Autoschale festgeschnallt hatten. Eine Weile stand die Autoschale mit unserem Enkelkind noch auf dem Tisch, bevor wir dieses schwere und unpraktische Ding samt Enkelkind endgültig in unser Auto trugen.



10. März 2024


In der 11. Kalenderwoche ist in der Dreier-WG eine Lappalie zum Politikum geworden: das Brötchenholen. Dass wir für die drei WG-Bewohner Samstags- und Sonntagsmorgens Brötchen beim Bäcker holten, war für uns selbstverständlich, zumal wir beim Schwager vorbei schauen mussten, u ihm Augentropfen zu verabreichen. Dies haben wir von Anbeginn so gehandhabt, bis wir die Frage der Bezahlung aufgeworfen hatten. Daran sollten sich die Geister scheiden. Im Endeffekt hatten wir uns nämlich das Geld vom Schwager zurück geholt. Vor einigen Wochen hatten wir versucht, dies gegen die WG-Einkäufe gegenzurechnen, indem wir die Brötchen als Einkäufe des Schwagers auf der Liste der gesamten WG-Einkäufe eingetragen hatten. Damit war die Betreuerin der beiden anderen WG-Bewohner aber überhaupt nicht einverstanden. Dies funktioniere nicht, weil das Einkommen dieser beiden Bewohner so niedrig sei, dass dies nicht bezahlbar sei. Wenn sie gerne am Wochenende Brötchen essen wollten, dann sollte sie das Geld dafür im voraus bezahlen (wenn so viel Geld in deren Portemonnaie wäre). Einmal verfuhr ich so, indem ich das Brötchengeld im voraus einsammelte, am Wochenende darauf wieder nicht, weil ich die WG-Bewohner nicht antraf. Wieder eine Woche später kam dann das offizielle Verbot: per Whatsapp teilte die Leiterin der Betreuung meiner Frau mit „bitte ab sofort keine Brötchen mehr für die Mitbewohner A und B besorgen“. Wir fühlten uns bevormundet, gehorchten aber. Es war nicht das erste Mal, dass die Problemstellung, wer sich was leisten konnte, die WG-Bewohner auseinander riss. Der eine WG-Bewohner konnte nicht zum monatlichen Kegeln mitkommen, weil er sich das Essen nicht leisten konnte. Genau dieser Bewohner wäre gerne zu einer Karnevalsveranstaltung gegangen, was er sich ebenso nicht leisten konnte. Am Freitag zuvor war meine Frau mit den Dreien in einer Gaststäte einen trinken gegangen, dort wurden sie in den Raum des Restaurants geführt, wo alle aßen und meine Frau bezahlte. Dass man hier nicht organisieren konnte, dass die drei WG-Bewohner sich am Wochenende Brötchen leisten konnten, war ein trauriges Bild. Meine Frau meinte, dass sowohl in dem Behindertenwohnheim, wo sich gearbeitet hatte, wie in dem Wohnheim, wo der Schwager gewohnt hatte, Brötchen am Wochenende Standard gewesen seien. Hier schien nun das Organisationsvermögen zu kapitulieren. In der 11. Kalenderwoche durften wir uns zudem mit den Wehwehchen des Schwagers herum schlagen. Wochenlang kam er an, seine rechte Hüfte würde schmerzen. Dennoch schaffte er seine ausgedehnten Spaziergänge mit dem Rollator, seine Arbeit in der Behindertenwerkstatt schränkten die Schmerzen ebenso nicht ein. Freitags rief er um 5.50 Uhr an, seine Hüfte täte ihm weh, ob er denn in die Werkstatt gehen könne. Obschon ich ihm wegen dieser sehr frühen Zeit des Anrufs eine patzige Antwort gegeben hatte, ging er im Endeffekt in die Werkstatt. Meine Frau erzählte mir dazu, dass dieses Thema mehrfach durchgekaut worden sei. Er war deswegen beim Hausarzt gewesen, der ihn zum Orthopäden geschickt habe. Dieser konnte nichts feststellen, ein MRT war daraufhin gemacht worden. Dabei hatte man nichts an der Hüfte diagnostiziert, allerdings einen Leistenbruch. Meine Frau wehrte sich dagegen, mit ihm wegen dieser Schmerzen zum Arzt gehen, der dann lediglich feststellen würde, dass alles in Ordnung sei. So rief denn der Schwager zyklisch in gewissen Abständen an, dass die Hüfte mal schmerzte, mal wieder nicht, alles ein bißchen. Am Sonntag in der 11. Kalenderwoche bekamen wir Besuch. Ihre beste Freundin aus der Realschule besuchte unsere Tochter. Sie hatte erfreuliche Nachrichten. Ihrer Familie – ihr Vater war im letzten Sommer gestorben – hatte eine neue Wohnung in demselben Stadtteil gefunden, nachdem diese gekündigt worden war. Direkt nach ihrem Realschulabschluss hatte sie keine Ausbildungsstelle gefunden, so dass sie im Fachbereich Gesundheit und Soziales auf das Berufskolleg ging. Nun, für dieses Jahr, hatte sie seit einigen Tagen eine Zusage auf einen Ausbildungsplatz genau bei demselben Arbeitgeber und genau an derselben Berufsschule, wo unsere Tochter ihre Ausbildung begonnen hatte. Die Freundin unserer Tochter blieb lange, so lange bis in den Abend hinein, dass sie bei uns zu Abend aß. Wir hatten eine Quiche mit Porree und Champignons zubereitet, was sehr lecker schmeckte und anschließend fuhr ich sie zu ihrem neuen Zuhause zurück.


11. März 2024


Vor einigen Jahren hatte ich am Eingang des Schlosses Augustusburg in Brühl die Statue des Herkules erblickt, die sich auf der rechten Seite des Eingangstores positionierte. Herkules, auf griechisch Herakles, war Sohn des Zeus und begriff sich als Krieger. Bereits als Kind waren ihm übersinnliche Kräfte in die Wiege gelegt worden, als Soldat beging er eine Heldentat nach der anderen und entschied Kriege. Eine kleine Auffrischung, was in der griechischen Mythologie Herkules alles trieb, erfuhren wir gestern in der Quizsendung mit Günter Jauch „wer wird Millionär“. Die Frage lautete: Wer erlegte den Nemeischen Löwen, kämpfte gegen Stympalische Vögel und erlegte den Erymanthischen Eber ? Die Antwort lautete: Herkules (was die Kandidatin auch erriet). Und zwar war Der Nemeische Löwe ein unverwundbarer Löwe, der in den Wäldern der Argolis auf der Peloponnes zwischen Nemea und Kleonai auf Veranlassung von Hera sein Unwesen trieb, indem er Mensch und Tier anfiel. Herkules erlegte eben diesen. Die stymphalischen Vögel besaßen eiserne Schnäbel, Klauen und Flügel und konnten damit sogar die Rüstungen der Krieger durchdringen. Zusätzlich konnten sie ihre metallenen Federn wie Pfeile gezielt auf ihre Opfer abschießen. Die Stymphaliden wüteten unter den Menschen und Tieren Arkadiens, Herkules kämpfte gegen diese. Der erymanthische Eber war ein Nachkommen der gewaltigen Sau Phaia und war nach dem Berg Erymanthos in Arkadien benannt. Er war der Göttin Artemis geweiht und verwüstete die Gegend um den Berg Erymanthos. Herkules fing diesen erymanthischen Eber ein. So hatte ich in der Quizsendung „wer wird Millionär“ wieder einiges gelernt.



12. März 2024


Die Ausstellung „Immanuel Kant und die offenen Fragen“ in der Bundeskunsthalle hatte mich im großen und ganzen enttäuscht. Was kann ich wissen ? Was darf ich hoffen ? Was kann ich tun ? Was ist der Mensch ? Die Ausstellung hangelte sich an diesen vier offenen Fragen entlang, wovon drei in seiner Kritik der reinen Vernunft ausformuliert waren. Die tiefere Schicht darunter blieb allerdings oberflächlich, wobei das Verständnis der Inhalte in seinen Schriften allgemein schwierig ist. Eine für das Publikum dieser Ausstellung verständliche Form dürfte allgemein eine Herausforderung sein. Die Ausstellung begann mit der Fragestellung, wie Wissen entsteht. Illustriert wurde dies anhand eines Versuchsaufbaus der schiefen Ebene, womit Newton die Geschwindigkeit einer herunter rollenden Kugel voraus berechnen konnte. Dieses neuzeitliche Wissen, in dessen Zentrum die Naturwissenschaften rückten, sollte die gottgegebene Stellung der Dinge fortan ablösen. Bei der Fragestellung, was ich hoffen darf, erörterte die Ausstellung das Thema der Freiheit. Das Leben eines jeden Menschen war endlich, und wie das Leben gestaltet wurde, hing maßgeblich von der Freiheit ab. Ein Leitgedanke konnte die Pflicht sein, und in der Auswahl, welchen Pflichten der Mensch folgte, war dieser frei. Jeder Mensch war für sich selbst verantwortlich, und es oblag seiner Vernunft, seine eigenen Prinzipien richtig festzulegen. Was ich tun kann, dazu thematisierte die Ausstellung die breite Thematik des kategorischen Imperativs. „Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Die Ausstellung führte einen Diskurs, dass jeder Mensch den kategorischen Imperativ für sich selbst ausgestalten muss. Dieser kategorische Imperativ versteht sich als Sittengesetz, worüber die Vernunft des Menschen entscheidet. Weder der Staat durch seine Gesetze, noch die Religion durch ihre Kategorien der Moral können uns diesen vorschreiben. Was ist der Mensch, diese Fragestellung erdete erneut der menschliche Verstand und die menschliche Vernunft. Diese unterschieden ihn von den Tieren, alleine der Mensch hatte die Fähigkeit zum Denken. Im großen und ganzen, kapitulierte die Ausstellung vor der Komplexität von Kants Schriften. Sie einem weniger philosophisch vorgebildeten Publikum aufzubereiten, glitt direkt in eine Oberflächlichkeit ab. Sie mit Experimenten oder Exzerpten aus seinen Schriften zu veranschaulichen, gestaltete sich schwierig und leitete kaum einen Diskurs ein. Randthemen wie etwa die Erklärung der Menschenrechte oder das Erdbeben in Lissabon, die nur indirekt etwas mit seinen Schriften zu tun hatten, wurden zu sehr thematisiert. Dazu kamen Einzelheiten aus einem Leben, wie seine Tagesabläufe aussahen oder auf welchen Strecken er seine Rundgänge durch Königsberg machte, die gefühlt einen größeren Anteil an der Ausstellung ausmachten als seine eigentlichen Schriften. Sesseltourist, dieses nebensächliche Phänomen brachte die Ausstellung mit Kant in Verbindung: Intellektuelle, die sich kaum aus ihrem Haus heraus wagten, aber sich anderweitig ein kosmopolitisches Wissen über die ganze Welt aneigneten. Ich war eigentlich enttäuscht und hatte mehr Tiefgang in Kants Schriften erwartet.



13. März 2024


Während mich die Hauptargumentationslinien der Kant-Ausstellung nicht zu überzeugen wussten, fand ich eine Nebenargumentation stark. Neben Locke, Hume oder Rousseau war Kant einer der bedeutenden Denker der Aufklärung, die Vernunft und Verstand des Menschen sowie seine von Natur aus gegebenen Rechte in den Vordergrund stellten. So leitete sich indirekt aus dem Gedankengut von Kant die Menschenrechtserklärung ab, von der eine Kopie des Originals gezeigt wurde. Es war die „Declaration des droits de l’homme et du citoyen“, die am 17. Juni 1789 der französischen Nationalversammlung vorgelegt wurde, diese Erklärung leitete die französische Revolution ein. Diese Menschenrechtserklärung zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des Westens, sie findet sich in sämtlichen demokratischen Verfassungen westlicher Staaten wieder oder auch in der UN-Menschenrechtserklärung. Die Menschenwürde ist zu respektieren, jeder Mensch ist erst dann schuldig, wenn er in einem Strafprozess verurteilt worden ist, der Staat hat das Leben des Menschen zu schützen und so weiter. Gerade hier entfacht sich auf weltpolitischer Bühne eine Debatte. Die Anzahl der Staaten mehrt sich, die es mit den Menschenrechten nicht so genau nehmen. Genauso gelten demokratische Strukturen, dass dem Bürger Rechte eingeräumt werden, als ein Hindernis, selbst in unserer eigenen Republik wächst die Anzahl derer, die Demokratie als ein Hindernis empfinden. Auf globaler Ebene wird dem Westen gerne eine Scheinheiligkeit zugesprochen, was die Menschenrechte betrifft. So hat der Westen Sklavenhandel betrieben und seine Kolonien im Namen des Kapitalismus ausgebeutet. Kant formuliert dies nicht so drastisch, gibt sich aber dennoch weltfremd und bezeichnet die außereuropäischen Völker als „noch unzivilisierte, werdende Menschen“. Gleichwohl hat mich die französische Menschenrechtserklärung in der Ausstellung berührt und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie zu einem wesentlichen Teil westlicher Demokratien geworden ist.



14. März 2024


Was den Jagdflieger Ernst Udet mit St. Augustin verbindet, habe ich nicht recherchieren können. War er auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Hangelar stationiert ? Hatte er ihn gar mit gegründet ? Oder zeigte er dort seine fliegerischen Kunststücke ? Hinter dem Legende des Baron von Richthofen war er der erfolgreichste Pilot im Ersten Weltkrieg, der nach dem Baron die meisten feindlichen Flugzeuge abschoss. Als Pilot blieb er der Fliegerei treu, was ihn nach St. Augustin verschlagen hatte, wissen wir nicht, dort sind jedenfalls eine Straße und ein Restaurant nach ihm benannt worden. Und sogar eine Ladenpassage: die Udet-Passage wertet den Namen des erfolgreichen Fliegerpiloten und seine 62 abgeschossenen gegnerischen Flugzeuge auf, so dass ein Blumenladen und eine Metzgerei, ein Stoffladen und eine Apotheke sowie eine Schneiderei und eine Bäckerei diesen für sich vereinigen. Der Name des einstigen Piloten klingt wohl so populär, dass in den Geschäften die mehr als einhundert Jahre zurück liegenden Kriegserfolge das höllische Gemetzel in Weltkrieg Eins überlagern. Wenn man sich den Namen der Udet-Passage noch mehr auf der Zunge zergehen läßt, so wird man von einem gehörigen Stück Nationalsozialismus eingefangen. Im Frühjahr 1933 trat Udet in die NSDAP ein, kurz darauf ernannte ihn Hermann Göring zum Reichskommissar für Luftfahrt. 1935 trat Udet als Oberst in die Luftwaffe ein, im Zweiten Weltkrieg hatte er das Amt des Generalluftzeugmeisters inne, 1940 wurde ihm der Kriegsorden des Eisernen Kreuzes verliehen, im November 1941 beging er Selbstmord in seiner Wohnung in Berlin. Als Kunde würde ich solche Assoziationen nicht wollen. Sehen dies die Kunden all dieser Geschäfte genauso ?



15. März 2024


Auf diesem ganz gewöhnlichen Parkplatz vor mehreren Supermärkten äußert sich, was der Wille des Volkes ist. Das Volk will nämlich nicht von Vorschriften gegängelt werden. Vorschriften mit jede Menge Kleingedrucktem, die ihm vorschreiben, dass man beim Einkaufen die Parkscheibe heraus zu legen hat und wie lange die Höchstparkdauer ist. Wie soll man denn auch anders einkaufen als hier zu parken ? Wer hat diese wahnwitzige Idee gehabt, hier regelnd einzugreifen ? Parkraum gehört zum Supermarkt dazu, anders geht es nicht, als zu parken und einzukaufen. Wie soll man denn sonst als mit dem Auto all die Einkäufe abzutransportieren ? Hat man Pech, dann bemächtigt sich das Ordnungsamt dieser Vorschrift und verteilt fleißig Knöllchen. Es gibt viel wichtigere Dinge, als den Denkapparat anzustrengen und zu beherzigen, an die Parkscheibe zu denken. Die viel wichtigere Sache ist der Tabellenstand in der Fußball-Bundesliga. Die kraxelige Schrift, die auf einen eher niedrigen Intelligenzquotienten des Urhebers schließen läßt, nennt den Lieblingsverein, den 1. FC Köln. Sein Tabellenstand in der Fußball-Bundesliga ist in der Tat dramatisch. Kann der Klassenerhalt noch gesichert werden ? Für all das Kleingedruckte, das von den wirren Buchstaben überlagert wird, interessiert sich hier niemand. Der Wille des Volkes hat gesprochen.



16. März 2024


Allzu selten sind die Ansätze, Ideen und das Gedankengut des Orients mit unserer westlichen Welt in Einklang zu bringen. Goethe hatte dies zum Beispiel in seinen Gedichten des west-östlichen Divan versucht, indem er sich an die islamische Lyrik anlehnte und die Tugenden vorderasisatischer Völker betonte. Eine andere Persönlichkeit der jüngeren Geschichte, die die Verbindung des Orients mit dem Westen suchte, ist der Kirchenarchitekt Gottfried Böhm, der vor drei Jahren im stolzen Alter von 101 Jahren in Köln verstarb. Er konzipierte viele Kirchenbauten der Nachkriegszeit, darunter die von 1962 bis 1964 gebaute Kirche St. Adelheidis im Troisdorfer Stadtteil Müllekoven. Böhm spielt mit den Formen. Man könnte meinen, dass er aus der Malerei den Stil des Kubismus übernommen habe. Zwei Kegel prägen die Fassade aus Backstein, darüber erhebt sich der zylindrische Kirchturm. In der Form eines „sakralen Hofhauses“ lassen sich die Einflüsse des Orients dem Zugangsberiech zuordnen. Diesen Typus des sakralen Hofhauses hatte Böhm in den 1950er Jahren aus orientalischen Architekturelementen entnommen, wie man sie in Moscheen oder Karwansereien vorfindet. Dabei ist das Kirchengebäude nach außen durch Wände und Mauern geschlossen, im Inneren öffnet sich der Raum als geschützter sakraler Bereich. Gleichzeitig stellt der Vorhof oder Vorplatz, den man als Atrium oder Paradies bezeichnen kann, einen Zwischenraum dar zwischen profaner Außenwelt und dem heiligen Raum der Kirche, in dem man sich läutern und reinigen kann, bevor man den Gottesdienstraum betritt. Im Inneren sind liturgische Orte wie Altar, Taufe und Beichte klar getrennt, sowohl im Inneren wie nach Außen. So verbindet Böhm ein kleines Stück Orient mit der Kirchenbauarchitektur einer christlichen Kirche.  



17. März 2024


Die ersten Lebenswochen des Enkelkindes haben gezeigt, dass Kindersachenbasare zu denjenigen Veranstaltungen zählen, die wir regelmäßig aufsuchen. Verursacht wird dies durch gestiegene Preise und damit verbunden eine schlechtere Auswahl an bezahlbarer Babybekleidung. Bei unseren drei eigenen Kindern war dies anders, denn ich kann mich nicht erinnern, dass ich je auf einem Kindersachenbasar gewesen war. In Einzelfällen war meine Frau alleine dorthin gegangen. Nun, am heutigen Tag, beim dritten Kindersachenbasar nach der Geburt unseres Enkelkindes, habe ich mich selbst in die Räumlichkeiten eines Kindersachenbasars hinein gewagt. Dieser fand statt im Pfarrheim neben der katholischen Pfarrkirche in unserem Nachbarort. In zwei Räumen wurde die gebrauchte Baby- und Kinderbekleidung zum Kauf angeboten, daneben jede Menge Spielzeug sowie selbst gebackener Kuchen. Wir hatten keine Mühe, unser Auto auf dem Parkplatz an der Ecke zu parken, und unser Enkelkind schien sich allgemein wohl zu fühlen unter fremden Menschen, wenn es schauen konnte und die neue Umgebung war nehmen konnte. Es schrie nicht, quengelte nicht, verzerrte nicht sein Gesicht und schaute interessiert Menschen und Dinge an. Überraschend stellte ich fest, dass unser Enkelkind so gut gewachsen war, dass es bereits in die kleinste Größe von 56-60 nicht mehr hinein passte. Bodies und Strampler für die nächstgrößere Größe waren ausreichend vorhanden, so dass in wesentlichen Hosen und T-Shirts gekauft wurden. Der wichtigste Kauf war indes ein Babytragegestell, womit unsere Tochter ihren Sohn auf ihrem Bauch tragen konnte. In den darauf folgenden Tagen sollte sie es nutzen für Spaziergänge mit ihrem Sohn. Ebenso kaufte sie sich ein Taschenbuch, das gebraucht und etwas zerfleddert aussah, über die Entwicklungsschritte eines Kindes. Vor allem die Phasen des Stillens nutzte sie die Tage darauf, Seite für Seite aufmerksam zu studieren. Auch ich war bei den Einkäufen nicht untätig, als Frau und Tochter mich auf eine gebrauchte Holzeisenbahn hinwiesen. Im Vergleich zu den beiden Kindersachenbasaren der vorherigen Wochen, war es diesmal nicht die umfangreiche Babybekleidung, die vervollständigt wurde. Im Laufe der Tage und Wochen war es ein ständiges Aussortieren, welche Kleidung noch passte, welche Kleidung zu groß geworden war und was noch fehlte. Mit der Entwicklung des Enkelkindes würde dieses Aussortieren fortschreiten, so dass kontinuierlich weitere Kindersachenbasare folgen würden. 



18. März 2024


In der 12. Kalenderwoche hatten wir samstags den Kindersachenbasar besucht, was zur Folge hatte, dass wir die Wocheneinkäufe anders organisierten, und zwar am Freitag Abend. Meine Frau musste bis 18 Uhr arbeiten, so dass wir direkt anschließend die Einkäufe erledigten und gegen 20 Uhr zurück kehrten. Der Samstag war dann voll gepackt mit irgendwelchen Aktivitäten. Zeitgleich mit meiner Frau verließ ich früh morgens das Haus, sie war zur Arbeit, ich fuhr mit dem Schwager ins Industriegebiet nach Troisdorf, da sein Rollator erneut defekt war. Das rechte Vorderrad wackelte, es hatte Spiel und die Schrauben ließen sich nicht festdrehen. Im Sanitätshaus stellt der Service-Mitarbeiter fest, dass das Radlager seinen Geist aufgegeben hatte. Ein Radlager-Ersatzteil musste bestellt werden, so dass die Reparatur einige Tage in Anspruch nehmen würde, übergangsweise bekam der Schwager einen Ersatz-Rollator zur Verfügung gestellt. Am frühen Nachmittag begaben wir uns zunächst zum Kindersachenbasar, danach begaben wir uns zum toom-Baumarkt, um Pflanzerde, Rindenmulch sowie Kräuter und andere Dinge zum Einpflanzen zu besorgen. Im Garten konnte es also losgehen, die Hochbeete konnten wir vorbereiten, Kopfsalat hatte meine Frau bereits in dem Gartenmarkt mitgebracht, wo sie in der Post arbeitete. Gleichzeitig hatten wir in dem Baumarkt nach Einlegeböden für den Kleiderschrank in unserem Gästezimmer geschaut, es war aber nicht die passende Größe in dem richtigen Farbton verfügbar, die wir hätten zurecht schneiden können. Da mussten wir schauen, wie wir im Internet oder sonstwo die Einlegeböden beschaffen könnten. Im Gästebett hatten inzwischen die Katzen ein Malheur angerichtet. Ich hätte das Gästebett neu überziehen sollen, ich hatte den vorhandenen Bettbezug zwar abgezogen, den neuen aber nicht übergezogen. Zwischenzeitlich hatten sich die Katzen auf dem neuen, zusammengefalteten Bettbezug eingekuschelt und ihre Haare hinterlassen. Es würde große Mühe und einen hohen Zeitaufwand kosten, all die Katzenhaare wieder zu entfernen. Wie dies zeitlich unterzubringen war, war noch vollkommen ungewiss. 


19. März 2024


Keine Kapazitäten, so fasste die Mitarbeiterin der sozialpädagogischen Betreuung e.V. den Sachstand zusammen. Wir saßen in einem großzügigen Besprechungsraum, dessen Fläche ein rechteckiger Besprechungstisch einnahm, an die zehn Konferenzstühle mit schwarzem Lederbezug gruppierten sich um den Tisch herum, wir besprachen die Betreuung des Schwagers in seinen Alltagstätigkeiten, die uns vom vorherigen Träger, den Sozialhummeln zu Ende des November des Vorjahres gekündigt worden war. Auch bei den Sozialhummeln aus Kapazitätsgründen, denn um Behinderten bei deren Alltagstätigkeiten wie Waschen, Putzen, Einkaufen behilflich zu sein und diese anzuleiten, dazu fehlte es an allen Ecken und Ende an Personal. Lag es daran, dass diese eher einfachen Tätigkeiten schlecht bezahlt wurden ? Eingeschränkt wurde der Kreis der Anbieter in jedem Fall dadurch, dass die Betreuer den Schwager anleiten mussten und nicht selbst die Tätigkeit ausführen durften. Pech hatten wir insofern, dass eine Mitarbeiterin zwar für die Betreuungstätigkeiten des Schwagers eingeplant war, sie war aber vier Wochen dauerkrank, und ein Zeitpunkt, wann sie wieder genesen würde, war nicht absehbar. Personalmangel herrschte überall in unserer Republik, Maurer wurden händeringend gesucht, Handwerker sowieso, Pflegekräfte genauso, und bei den Betreuungstätigkeiten von Behinderten war es nicht anders. Ganz viel Arbeit also in unserer Republik, aber keine Hände, die anzupacken bereit waren. So lange mussten wir uns selbst behelfen, Arbeit blieb liegen oder wurde durch die Schwager falsch oder in einer schlechteren Qualität erledigt. So lief der Termin in der sozialpädagogischen Betreuung e.V. in Hardtberg relativ geräuschlos ab. Eingangs hatte die Mitarbeiterin mit dem spanischen Nachnamen Rodriguez, die südländisch aussah mit ihrem dunklen Teint und ihren dunklen Haaren, den Termin gänzlich beiseite geschoben, weil dieser gar nicht im Kalender stand. Es passte dennoch, eine halbe Stunde war sie bis zum nächsten Termin frei, so dass wir das wesentliche besprochen bekamen. Ihre oberste Botschaft, dass der Verein keine Kapazitäten frei hatte, schränkte ohnehin diejenigen Dinge ein, die besprochen werden konnten. Unterschreiben konnte der Schwager seinen Betreuungsvertrag, Unterlagen wie den Mietvertrag, die Betreuungsurkunde des Amtsgerichtes oder den Personalausweis des Schwagers konnten wir in Kopie aushändigen. Darüber hinaus mussten wir warten, bis Personal gewonnen werden konnte, wann, das war fraglich. Emde April wollte die Mitarbeiterin mit dem spanisch klingenden Nachnamen uns per E-Mail kontaktieren. Wir waren skeptisch, dass der Personalengpass schnell behoben werden würde.



20. März 2024


Deprimierende Erkenntnis in der Quizshow „Wer wird Millionär“. Günter Jauch stellte die Frage, welcher Anteil der Bevölkerung mit welchem Verkehrsmittel den Weg zur Arbeit zurücklegte. Es ging um Entfernungen kleiner als fünf Kilometer, die Frage lautete, welches Verkehrsmittel in 40% aller Fälle benutzt wurde. Zur Auswahl gestellt wurden das Auto, das Fahrrad, zu Fuß oder öffentliche Verkehrsmittel. Spontan erschien mir die naheliegendste Antwort, dass eine solche Entfernung ideal für das Fahrrad sei. Genau so dachte auch die Quizkandidatin, zur Kontrolle rief sie aber ihren Telefonjoker an. Seine Gedankengänge waren ähnlich, er brachte aber den Faktor der Bequemlichkeit ins Spiel. Der Mensch sei faul und bequem, was dem Fahrrad widerlaufen würde, weil man sich auf dem Fahrrad anstrengen müsse. Fünf Kilometer seien nicht viel, aber die Überwindung der (geringen) Anstrengung würde reichen, das Fahrrad stehen zu lassen. Dies würde dazu führen, dass man sich lieber ins Auto setzen würde. Die Quizkandidatin fand diese Begründung plausibel, sie ordnete die 40% dem Auto zu – und hatte Recht. Das war in der Tat deprimierend, dass der Faktor der Bequemlichkeit über Sein und Nichtsein von Klimazielen entschied. Ganze Brigaden von Klimaaktivisten brachten die Republik in Aufruhr, Klimakleber blockierten Straßen, die Debatte über die Verfehlung des 1,5 Grad-Ziels war hoch emotional aufgeheizt – und dann dies. Der Mensch war selbst mit seinem Verhalten Schuld – und nicht die Politiker, weil Verbote und Gebote nicht ausgesprochen wurden. Wie konnte man dieses Verhalten in eine andere Richtung lenken ? Eine Erkenntnis aus dieser Tatsache war, dass Autofahren effektiv noch zu billig war, trotz der gestiegenen Besteuerung und trotz des allgemeinen Unmuts in der Bevölkerung über zu hohe Spritpreise. Der Mythos Automobil war immer noch ungebrochen.


21. März 2024


Ein dicker Schlafsack, diverse Jeanshosen, ein paar Strampler, T-Shirts, Strümpfe und ein Babyphon, das war die Ausbeute in der Kleiderkammer der Diakonie Siegburg. Mengenmäßig passten die Sachen in die faltbare Einkaufstasche aus Kunststoff, die meine Frau zufälligerweise mitführte. Man solle nicht zu kleinlich sein, das hatte meine Frau gegenüber unserer Tochter gemeint, schließlich bekämen wir die gebrauchten Baby-Anziehsachen kostenlos. Wir mussten warten, was uns irritiert hatte. Als Frau und Tochter in der Diakonie gewesen waren, war gesagt worden, wir sollten pünktlich sein, da extra jemand für uns in die Kleiderkammer kommen würde. Zuvor waren wir an der Haupteingangstüre des alten Schulgeländes angelangt, einem 1970er-Jahre-Bau, dessen Betonfertigteile Anzeichen von Verfall nicht verbergen konnten. Dort war die besagte Kleiderkammer untergebracht, ein Schild an dieser Haupteingangstüre wies uns an zu warten, wir würden abgeholt. Als sich zehn Minuten nach dem vereinbarten Zeitpunkt nichts regte, marschierte ich durch das Innere des alten Schulgebäudes, wo sich das Stadtarchiv die Stellung in dem aufgegebenen Bau zu behaupten suchte. Ich spazierte durch einen seelenlosen Korridor, der sich zu einem Treppenaufgang in die Länge streckte, wo ich hinter einer Türe und einem Vorraum eine ältere Dame und eine junge Frau im Kopftuch mit Kind beobachtete. Hier war ich richtig, eigentlich. Sie antwortete auf die Situation, dass wir an der Haupteingangstüre warteten und niemand uns abholen würde, dass es nicht funktionieren könne, wenn drei Termine gleichzeitig vergeben worden wären. Wir könnten aber kommen und vor der Türe zur Kleiderkammer Platz nehmen. Als eine weitere Wartezeit von vielleicht fünf Minuten vorbei war, konnten wir an einer Durchreiche die gewünschte Babybekleidung in Empfang nehmen. Die beiden Damen, die bestimmt ehrenamtlich tätig waren, mussten noch nach Größen vorsortieren, dann konnten wir schauen, was wir gebrauchen konnten. Ein dicker Schlafsack, diverse Jeanshosen, ein paar Strampler, T-Shirts, Strümpfe und ein Babyphon hatte unsere Tochter für unser Enkelkind in diesem maroden alten Schulgebäude ausgesucht. 



22. März 2024


13 Kilometer Eisenbahntrasse sind zu erweitern, 36 Brücken sind neu- oder umzubauen, 120 Kilometer Kabel sind zu verlegen, 2.850 Meter Schallschutzwände sind zu bauen: beim S-Bahn-Bau von Trpisdorf nach Bonn-Oberkassel war von vornherein klar, dass es sich um ein Großprojekt handeln würde, dessen Größenordnungen nicht ungewöhnlich sein würden für Infrastrukturprojekte, Vergleicht man etwa mit dem Neubau von Gebäuden, liegen die Dimensionen einiges größer, was sich in der Bauzeit äußert. Da bei Baumaßnahmen ein großes Spektrum von technischen Hilfsmitteln verwendet werden kann, sind wir es gewohnt, dass Baustellen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums, ein, schlechtestenfalls zwei Jahre fertig gestellt werden. Selbst prominente Großbaustellen – wie etwa das Emprie State Building in New York – wurden in zwei Jahren fertig gebaut. Bei Vorhaben der Bahninfrastruktur liegen die Verhältnisse indes anders. Im Jahr 2016 wurde der Neubau der S-Bahn-Linie von Troisdorf nach Bonn-Oberkassel begonnen, und selbst jetzt, acht Jahre nach Beginn des Vorhabens, ist noch jede Menge zu tun. Die Trasse von hier bis nach Oberkassel ist noch zu verlegen, ein Drittel der Brücken ist noch umzubauen, der Umsteigebahnhof an dieser Stelle von der S-Bahn auf die Stadtbahn ist noch zu bauen, der vollkommen heruntergekommen Bahnhof in Beuel sind wieder herausgeputzt werden und wie geleckt aussehen. Alleine dies fällt einem schwierig, sich dies in Anbetracht des jetzigen Zustandes vorzustellen. Mit solchen Vorhaben wird man zurück geholt in eine Welt, die man abgeschafft zu haben glaubte. Der Bau von Kathedralen hatte im Mittelalter Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte gedauert. Burgen wurden im Mittelalter allerdings in einem kürzeren Zeitraum wie beim S-Bahn-Bau aus dem Boden gestampft, um die Feinde abwehren zu können. Selbst der Bau des Colosseums in Rom wurde in einem Zeitraum von weniger als zehn Jahren fertig gestellt. Betrachtet man den Bau von Kathedralen, so konnte es geschehen, dass die an den Kathedralen tätigen Bauarbeiter die Vollendung nicht mehr miterlebten. Je nach Alter, wenn man zur älteren Generation gehört, könnte dies auch bei diesem S-Bahn-Bau geschehen. Das belegt, in welchen kurzlebigen Zeiträumen wir denken. Augenblicke hasten vorbei und sind am Ende des Tages beendet. Transaktionen von Käufen sind im Moment des Kaufes beendet. Selbst der Bau von Einfamilienhäusern durch einen Bauträger wird optimiert und verkürzt, vertraglich wird die Bezugsfertigkeit in ein, zwei Jahren zugesichert. Wir sind es nicht mehr gewohnt, in solchen Zeiträumen eines S-Bahn-Neubaus zu denken.     




23. März 2024


Was sich die Schöpfer des Grünen C wohl gedacht haben ?  Diese Landschaftsarchitekten, die wahnsinnig viel Geld ausgegeben haben, haben so mancherlei Unsinn hinterlassen. Mit seinen Hinterlassenschaften stößt das Projekt auf wenig Akzeptanz in der Bevölkerung, vor allem das Gestaltungselement Beton passt überhaupt nicht in die Landschaft hinein. So sind hässliche Betonbänke hinterlassen worden, auf denen niemand Lust verspürt, sich dort hinzusetzen. Betonbodenplatten mit Wegweisern sind einzementiert worden, zu denen niemand etwas mit den Kilometerangaben anfangen kann. Im Nachbarort ist der komplette Zugangsbereich zur Fähre zubetoniert worden, den zuvor Büsche und Sträucher gesäumt hatten. Mitten in der Landschaft findet man seltsame Erdaufschüttungen, die man als Feldherrenhügel bezeichnen könnte. Sie markieren Punkte in der Landschaft, die eigentlich gar keine sind. Weitere Hinterlassenschaften des Unsinns stehen in der Hangelarer Heide. Eine Reihe von Wacholderbüschen ist gepflanzt worden als Kennzeichen dafür, dass die Hangelarer Heide sich als Zipfel der Wahner Heide an die Bergische Heideterrasse anhängt. Mit ihrer Vegetation stellt die Hangelarer Heide aber kein Heidegebiet dar, woran diese Wacholderbäume erinnern sollen. Nachdem das Landschaftsprojekt beendet worden war, hatten die Verantwortlichen nicht daran gedacht, dass der Wacholder gegossen werden muss. Er braucht lebensnotwendiges Wasser wie alle anderen Pflanzen. Es kamen nämlich die sehr trockenen Sommer 2018 und 2019, die die Wacholderbüsche nicht überstanden haben. Da sie nicht genügend Wasser bekommen haben, sind sie ausgedörrt. In diesem verwelkten Zustand hat man sie nicht stehen gelassen, und niemand kümmert sich darum und niemand weiß, ob sie in diesem verkümmerten Zustand bis in alle Ewigkeit ihr Dasein fristen werden.



24. März 2024


In der 13. Kalenderwoche, bevor wir donnerstags die Kleiderkammer des Diakonischen Werkes aufgesucht hatten, wurde unser Enkelkind geimpft. Gegen Röteln impfte der Kinderarzt, wogegen unser Enkelkind keinerlei Protest einlegte, da es eine Schluckimpfung mit einem angenehmen Geschmack war, jedenfalls leckte unser Enkelkind mit der Zunge nach und hätte gerne mehr von dem Impfstoff zu sich genommen. Am Tag zuvor hatte die Hebamme unsere Tochter vorläufig das letzte Mal besucht, ihr nächster Besuch würde erst dann anstehen, wenn unser Enkelkind das erst Mal gefüttert würde – was erst im Alter von etwa fünf Monaten der Fall sein würde. Am Freitag besuchte eine Mitarbeiterin der Initiative „frühe Hilfen“ der Stadtverwaltung unsere Tochter, konkret bot sie Hilfestellung an bei der Beantragung des Unterhaltsvorschusses. Unsere Tochter hatte zwar die Beistandschaft des Jugendamtes in die Wege geleitet, dies beinhaltet aber nicht den Unterhaltsvorschuss. Unter anderem wurden Krabbelgruppen diskutiert, die nicht mehr in einer solchen Anzahl existierten, wie wir es von unseren drei Kindern kannten. Damals gab es jeweils feste Zeiten für Krabbelgruppen im Pfarrheim der katholischen Kirche, wo man so einfach hingehen konnte, inzwischen gab es niemanden mehr, der solche Krabbelgruppen leitete. Die Mitarbeiterin verwies auf das Veranstaltungsverzeichnis einer Kindertagesstätte in unserem Ort, die eine solche Krabbelgruppe nach Anmeldung anbieten würde. Ebenso verwies sie auf Kleinkindergottesdienste der Kirchen, an denen auch Kinder unter einem Jahr teilnehmen konnten mit einem anschließenden Beisammensein, zu näheren Details müssten wir uns selbst schlau machen. Am Arbeitsplatz führte meine Chefin mit mir ein sogenanntes WeGrow-Gespräch, das war die Fortführung des früheren Mitarbeiterjahresgesprächs. In Vor-Corona-Zeiten, mithin im Jahr 2019, war ein solches Gespräch zuletzt durchgeführt worden. Früher ging es in diesen Gesprächen stets um die Art der Tätigkeiten, um die Qualität der geleisteten Arbeit, um Verbesserungspotenziale und um Entwicklungsperspektiven. So auch in dem aktuellen Gespräch, das in einer konstruktiven und sachlichen Atmosphäre durchgeführt wurde. Allerdings klangen die ganzen Entwicklungsperspektiven etwas absurd, da ich in anderthalb Jahren mich aus dem Unternehmen in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden werde. Ein Großteil des Gesprächs wurde über Seminare, Fortbildungen und Service Days diskutiert. Obschon ich diesen Initiativen bestimmt nicht abgeneigt bin, machen sie aus meiner Sicht nur begrenzt Sinn in Bezug auf die verbleibende Restzeit im Unternehmen. In der Dreier-WG war in der vergangenen Kalenderwoche ein Magen-Darm-Virus im Umlauf. Am Mittwochmorgen – mittwochs hat er üblicherweise arbeitsfrei – meldete sich der Schwager, er hätte sich nachts übergeben, tagsüber gehe es ihm unverändert übel. Dieselben Symptome hatte der eine WG-Bewohner, während der anderen WG-Bewohner nichts von dem Virus abbekommen hatte, er konnte ganz normal essen und hatte in der Werkstatt gearbeitet. Woher der Virus gekommen war, erfuhr meine Frau, als sie den Schwager für den Donnerstag in der Werkstatt krank meldete. In der Werkstatt lief nämlich das Telefon heiß, ganz viele Krankmeldungen mit Magen-Darm-Erkrankungen waren eingegangen, so dass der Schwager sich dort angesteckt haben musste und gleichzeitig seinen WG-Bewohner angesteckt hatte. Zwieback, Kamillentee und Salzstangen brachten wir den beiden WG-Bewohnern vorbei, dabei suchten wir den Kontakt zu vermeiden, um unser Enkelkind nicht anzustecken. Erst am Wochenende normalisierte sich der Gesundheitszustand des Schwagers, feste Nahrung konnte er wieder zu sich nehmen, ohne dass er sich übergeben musste, am sonntäglichen Kegeln seiner Kegelgruppe nahm er wieder teil. In der 13. Kalenderwoche habe ich es allmählich wieder geschafft, die Gartenarbeit im neuen Jahr zu beginnen. Die Hochbeete für den Kopfsalat habe ich mit Pflanzerde aufgefüllt, dabei hatte ich diese mit durchgesiebtem Kompost vermischt. Diese Vorgehensweise war falsch, da die Erde hierdurch überdüngt werden könnte. Ebenso musste ich darauf achten, die Erde genau bis zum Bretterrand der Kompostmiete aufzufüllen. Obschon ich Schneckenkorn nachgekauft hatte, habe die ersten Schnecken das noch junge, heranwachsende Grün aufgefressen. Darüber hinaus stehen Porreepflänzchen, Kohlrabi, Kräuter und Kartoffeln bereit, um an ihren vorgesehenen Plätzen eingepflanzt zu werden. In den nächsten Wochen, in Zeiten des Klimawandels mit früher beginnenden Vegetationsperioden, wird ein großer Berg von Arbeit im Garten auf uns zukommen.


25. März 2024


Am gestrigen Tag konnten wir ganz besondere Ereignisse miteinander kombinieren. Es gelang uns nämlich, den sogenannten Krewelshof, der auf dem Stadtgebiet von Lohmar lag, aufzusuchen. Dort sollte ein Kindersachenbasar statt finden. Dieser dehnte sich im vorgelagerten Bereich des Erlebnishofs aus, der in großspurigem Stil das Ambiente von Bauernhof, Events und Gastronomie miteinander kombinierte. Das Ergebnis waren große Menschenmengen, die sich über das Gelände ergossen, und ein Parkplatzchaos, das bei der regnerischen Witterung von Matsch und Pfützen geprägt war. So ging der Erlebnischarakter in diesen ungünstigen Witterungsbedingungen zunächst vollends unter. Wir lasen etwas von einem Frühstücksbuffet, das angeboten wurde. Durch Fensterscheiben sahen wir Kinder in einer Art von Bällebad toben. Menschen mit Kisten von Saft oder alkoholischen Getränken sahen wir umhergehen. Und immer wieder Kinder, Familien mit Kindern, groß und klein, alt und jung, größere, kleine und ganz kleine Kinder. An den Ständen des Kindersachenbasars pfiff den Verkäufern im Außenbereich das Wetter buchstäblich um die Ohren. Der barsche Wind ließ einen frieren, wenigstens blieb der Regen aus. So stöberten wir an den relativ zahlreichen Ständen herum, man ertrug irgend wie das ruppige Wetter, und wir fanden auch diverse Anziehsachen für unser Enkelkind ab den Größen 62. Unser Enkelkind schlief derweil in der Babytrage bei ihrer Mama ruhig und still. Als es Zeit wurde, dass die Mama ihren Jungen stillen sollte, suchten wir nach einem Plätzchen in den Innenräumen, die zu einem Selbstbedienungsrestaurant gehörten. Kurz nach Öffnung fanden wir mühelos dieses Plätzchen, und unser Enkelkind präsentierte sich so, wie wir es ansonsten an solchen belebten Stellen kennen gelernt hatten. Es schaute interessiert, die Augen weit geöffnet, es schrie nicht, es quengelte nicht und wartete sonnigen Gemütes, von der Mama gestillt zu werden. Wie vor einer Woche bei Brüskes Laaovend stellten wir fest: unser Enkelkind verhielt sich kompatibel zu Restaurant-Besuchen. Auch an diesem Ort konnten wir unser Essen aussuchen, es uns holen und es verspeisen – unter der Bedingung, dass der Junge seine Muttermilch bekam. Erst wurde er gestillt, dann holten wir zweimal eine Rinderroulade mit Bratkartoffeln und Erbsen mit Möhrchen, ich aß Kuchen mit Kaffee, und alle waren restlos zufrieden. Spätestens hier hatte der Krewelshof sein Image von Matsch und Pfützen abgelegt, mit dieser Kombination von jung und alt war der Restaurantbereich ein Familienerlebnis aus einem Guss. Während wir aßen, tauschte sich unsere Tochter diverse Sprachnachrichten mit einer Freundin aus. Diese hatte sie vor fünf Jahren in einer Tagesklinik kennen gelernt, und sie wohnte in Rösrath in der Nähe des Möbelhauses Höffner, an dem wir vorbei gekommen waren. Wie zuvor unsere Tochter, war sie schwanger und erwartete in Kürze Nachwuchs. Von ihrem Freund hatte sie sich getrennt, und spontan konnten wir bei ihr vorbei schauen. Dies taten wir dann mit Tochter und Enkelkind. Da spontan, war die Begegnung in dem Einfamilienhaus kurz, dessen Hauszugang umrankt und versponnen mit viel Efeu im Schatten des Möbelhauses Höffner lag. Die Gespräche der beiden Frauen trugen den wesentlichen Unterschied, dass die Geburt das eine Mal geschafft war und das andere Mal noch bevorstand. Das Baby ihrer Freundin lag vierzehn Tage vor dem errechneten Geburtstermin, sozusagen jeden Moment konnte die Geburt losgehen, entbinden wollte sie in Bensberg, dementsprechend hoch war die Anspannung. Naturgemäß verweilten wir viel zu kurz, vielleicht eine Viertelstunde, und die Vorfreude der beiden Frauen war riesig, sich nach der Geburt mit ihren beiden Söhnen wiederzusehen.



26. März 2024


In den Supermarktregalen machten wir die deprimierende Erkenntnis, dass Babynahrung in Form von Gläschen erst ab dem 5. Monat gefüttert werden soll. Bei unseren drei Kindern war dies anders gewesen. In deren Säuglingsalter war es der 3. Monat gewesen, ab wann wir Obstgläschen oder auch Gemüse beifüttern konnten neben Flaschen von adaptierter Milch (oder Stillen). Dieser Dreimonatszeitraum war bei unseren Kindern eine Art von Wende gewesen, dass sich ein Tages-/Nachtrhythmus eingestellt hatte. Die Anzahl der Mahlzeiten war reduziert worden, diese hatten den Tagesgang bestimmt, und mit der festeren Nahrung hatten die Blähungen nachgelassen. So manches war nach diesem Dreimonatszeitraum einfacher geworden. Momentan setzt unsere Tochter die Taktung des Stillens fort. Unser Enkelkind wird relativ häufig gestillt, so etwa einmal in der Stunde, er schreit etwas weniger und ist etwas weniger unruhig, seine Aufmerksamkeit nimmt zu, sich die Umgebung anzuschauen, er bildet erste Laute. Verlassen wir das Haus, ist er stets interessiert an der neuen Umgebung und er schreit kaum. Ist er aber tagsüber den ganzen Tag im Haus, so schläft er insgesamt wenig. Man muss sich mit ihm beschäftigen – wie etwa mit den Bögen, Tieren, Rasseln, Greifspielzeugen im Laufstall -  oder er wird gestillt oder er schreit. Tendenziell haben sich die Nächte nicht beruhigt, so in der letzten Nacht. Gegen 21 Uhr ist er unten im Wohnzimmer eingeschlafen, gegen 22.30 Uhr hat meine Frau ihn zu uns ins Ehebett gelegt. Nachts um 1 Uhr und danach um 5 Uhr hat unsere Tochter ihn gestillt. Als mein Wecker um 6 Uhr an der Couch im Wohnzimmer gegangen ist, war er immer noch unruhig und war quengelig. So wirklich fehlt uns eine kurzfristige Perspektive nach vorne, wenn erst ab dem 5. Lebensmonat Gläschen beigefüttert werden können. Die Entwicklungsschritte sehen wir, ja, die Entwicklungsschritte werden auch weitergehen. Ich erinnere mich allerdings auch an unsere älteste Tochter, dass ich ihr nachts, als sie ein paar Jahre alt war, noch Tee machen musste.


27. März 2024


Hochöfen in Troisdorf. Dass zu Troisdorf die Eisen- und Stahlindustrie gehört, dies hatte ich stets mit dem Namen des Stadtteils Friedrich-Wilhelms-Hütte verbunden. Aber Hochöfen und Schwerindustrie ? Dass es in Troisdorf wie im Ruhrgebiet ausgesehen hat, das belegen Fotografien aus den 1930er Jahren, dass das Dreieck zwischen Agger, Sieg und der Bahnlinie von der Industrie vereinnahmt wird. Das Hüttenwerk brauchte indes viele Jahrzehnte, bis es rentabel wurde und die Größe der 1930er Jahre erreichte. Bereits 1825 wurde mit dem Bau des Hüttenwerks begonnen, 1838 wurde ein erster holzkohlegefeuerter Hochofen in Betrieb genommen, benannt wurde das Hüttenwerk nach dem damaligen König von Preußen Friedrich Wilhelm III. Mit drei Hochöfen wurde eine Eisengießerei und eine Maschinenfabrik betrieb, doch erst 1911, mit der Übernahme der Werksanlage durch Louis Mannstaedt, wurde das Werk rentael. Diese drei Hochöfen kann man auf einer Fotografie im Troisdorfer Stadt- und Industriemuseum erkennen. Wie kaum anders zu erwarten, folgten die Blütenzeiten des Werkes mit den beiden Weltkriegen. Das Herz des Werkes bildeten die drei Hochöfen mit den Walzstraßen für Eisen und Stahl, dazu wurde 1912 eine 72.000 Quadratmeter große Walzwerkshalle gebaut. Ab den 1920er Jahren wurden nachgelagerte Produktionsstätten der Eisen- und Stahlherstellung angegliedert, so eine Schraubenfabrik, eine Gaszentrale, eine Steinfabrik, eine Zementfabrik. In der Gaszentrale nutzte man die im Hochofen entstehenden Gase, die Zementfabrik verwertete die übrig bleibende Schlacke. Mit all diesen Produktionsstätten nahm das Werk die dermaßen großflächigen Ausmaße an, wie man sie auf Fotografien der 1930er Jahre erkennen kann, ihr Umfang dürfte der Schwerindustrie im Ruhrgebiet nicht nachstehen. Alleine die Gleisanlagen hatten eine Länge von 21 Kilometern, eine Roheisenmasse von 55.000 Tonnen jährlich konnte die Hochöfen verarbeiten, dabei fiel Hochofenschlacke in einer Menge von 20.000 Tonnen jährlich an. Der Niedergang der drei Hochöfen geschah in der Nachkriegszeit, wenngleich das Werk unter der Führung des Klöckner-Konzern weiter bestand und auch Eisen und Stahl weiter produzierte. So waren unter der Leitung der Alliierten Industrieanlagen abzubauen, die der Produktion von Rüstungsgütern dienten. Dies wurde im Jahr 1948 umgesetzt, so dass die drei Hochöfen abgebaut wurden. 1954 wurde eine neue Walzstraße in Betrieb genommen, die mit Rüstung nichts mehr zu tun hatte, sie produzierte fortan zivile Produkte. Von den rückgebauten Hochöfen ist indes nichts mehr zu erahnen. Auch heute wird in dem einstigen Hüttenwerk noch Eisen und Stahl produziert, Menschen gehen an den Ufern von Sieg und Agger zur Arbeit, und das Werk gehört inzwischen der Georgsmarienhütte mit Firmensitz in Eisenhüttenstadt. Das Werksgelände in Friedrich-Wilhelms-Hütte mag ein Beispiel dafür sein, wie sich das Erscheinungsbild der Industrie verwandeln kann.  



28. März 2024


Ein drolliges Foto unseres Katers Rambo gemeinsam mit unserem Enkelkind Emil. Nebeneinander lagen beide im Bett unseres Gästezimmers, der Kater streckte seinen Astralkörper majestätisch in die Länge, in einer gelassenen Vollkommenheit ging er in seiner Faulheit auf, er bewegte sich nicht und konnte stundenlang auf die Dinge warten, die dann nicht geschahen. Solch eine stoische Ruhe wie unser Kater zelebrierte unser Enkelkind eher nicht. In dieser Phase seines Säuglingsalters erkundete sein Blick die Umgebung. Ständig gab es Neues zu schauen, und in solch einem winzigen und mit seinen acht Wochen sehr jungen Menschenleben mussten all die Eindrücke erst einmal wahrgenommen werden. Der Kopf unseres Enkelkindes wanderte nach links und rechts, schaute aber auch gezielt an die Decke, dessen Eintönigkeit eigentlich wenige Ansatzpunkte für Erkundungen bot. Erste Laute formte sein Sprachorgan, unartikulierte und spontane Laute, die so wenig einordenbar waren wie der Kater, den seine Blicke früher oder später trafen. Auf dem Foto bildeten der Kater und unser Enkelkind eine Einheit, doch irgend wann endete die Phase des Erkundens. Unser Enkelkind ergriff eine Unruhe, es zappelte, später begann es zu schreien. Waren ihm die Eindrücke zu zahlreich geworden ? Unser Kater mochte dafür nicht die Ursache sein, aber ich musste unseren Enkel nehmen, ihn aus seiner Liegeposition befreien und die Umgebung wechseln.



29. März 2024


Was war das doch für eine Großbaustelle im Jahr 2012 gewesen. Das Troisdorfer Bürgerhaus war abgerissen worden, danach war eine riesige Baugrube ausgehoben worden. Als größenwahnsinniges Projekt hatte ich damals den Neubau des Einkaufszentrums beschrieben, zumal das Bürgerhaus gerade wenige Jahrzehnte alt gewesen war. Sinn und Zweck erschienen zudem fraglich, da es in Troisdorf bereits ein anderes großes Einkaufszentrum gegeben hatte. Nun hat das Herz und die Seele des Einkaufszentrums, der Saturn-Markt, die Segel gestrichen und das Einkaufszentrum verlassen. Bei Erbauung des Einkaufszentrums konnte er als Ankermieter gewonnen werden, der in einer Art von Sogeffekt all die anderen Geschäfte nach sich zog. Märkte sind aber volatil und richten sich danach, was der Kunde will. Dieser Kunde kauft Unterhaltungselektronik lieber anderswo, der Kunde ist bequem und braucht keinen Schritt vor die Türe zu setzen, wenn er im Internet bestellt. Oder er kauft seine Unterhaltungselektronik in anderen Saturn-Filialen, denn die hiesige Umgebung ist mit Filialen in Hennef, St. Augustin oder Porz gut ausgestattet. Klimaschützer dürften sich bei dieser Gemengelage die Haare raufen. Die Bauwirtschaft ist mit ihrem enormen Materialverbrauch eine der größten Kohlendioxidsünder. Es ist in ambitionierten, viel zu großen Dimensionen gebaut worden. Nun steht das komplette Obergeschoss leer, für nichts und wieder nichts. Die Glastüren sind geschlossen, die Rolltreppe transportiert keinen Kunden mehr hinauf. Die Betreiber des Einkaufszentrums dürften in einer Verzweiflungsaktion versuchen, die Verkaufsfläche aufzuteilen, um einen oder mehrere Nachmieter zu finden. Spätestens hier stellt sich die Frage nach dem Mehrwert, in Troisdorf gleich zwei Einkaufszentren betreiben zu wollen.



30. März 2024


Kiesgruben, Weihnachtsbäume, Rollrasen und Golfplätze: durchquert man die Felder in unserer Umgebung, so gewinnt man den Eindruck, dass die Felder kaum noch etwas mit Landwirtschaft zu tun haben. Hier und da Flächen von Raps, Erdbeerfelder, Gemüseanbau. Die klassischen Anbauformen von Getreide oder Zuckerrüben findet man hingegen eher selten. Im Umfeld all der Bauernproteste, dass die Bauern einen wesentlichen Beitrag zur Ernährung der Bevölkerung leisten, mag dies bizarr aussehen. Ja, es werden auch frei laufende Gänse gehalten, Hühner laufen frei herum und legen Eier, zur Siegaue hin erstrecken sich ein paar Streuostwiesen. Im Gegenzug habe ich einen Modellflugplatz nicht erwähnt, der von Hobbymodellbauern ziemlich mittendrin in den Feldern betrieben wird. Was bleibt Substanzielles von der Landwirtschaft ? Die Kernzone hat sich abgeschafft, zugunsten all der Kiesgruben, Weihnachtsbäume, Rollrasenkultivierung, Golfplätzen und auch des Modellflugplatzes. Wenige Nischen sind geblieben, und die weiten Flächen mit den weiten Ausblicken, aber ohne markante Sträucher oder Baumreihen, beherrscht die Struktur vom Reißbrett wie in den „great plains“ in den USA, die abseits von Kiesgruben, Weihnachtsbäumen, Rollrasen und Golfplätzen auf eine hohe Mechanisierung ausgerichtet ist. Und doch ist es hier das Getreide und auch der Mais, wo dieser Eindruck der „great plains“ entsteht, dort kommen die Anbau- und Erntemaschinen für diese Nutzungsformen zum Einsatz. Es ist eine von Fremdkörpern durchsetzte Landwirtschaft, die allen Gedanken einer ökologisch orientierten Landwirtschaft zuwider läuft.    



31. März 2024


In der 14. Kalenderwoche war der Schwager erkältet, so dass der Hausarzt ihn für die komplette Woche krankschrieb. Da er bereits in der Vorwoche erkältet gewesen war, hatte meine Frau ihn für die Sprachtherapie, die jeden Mittwoch statt findet, in der Vorwoche entschuldigt. Für die 14. Kalenderwoche war nun unklar, ob die Sprachtherapie statt finden würde, zumal die zehn Termine abgelaufen waren. Er hatte ein neues Rezept abgegeben, aber noch keine neuen zehn Termine ausgehändigt bekommen (in der Vorwoche war er krank gewesen). Als er bei meiner Frau wegen der Sprachtherapie in der 14. Kalenderwoche nachfragte, riet sie ihm, er solle hingehen, entweder würde diese durchgeführt oder er bekäme die neuen zehn Termine. Dies tat er aber nicht, worauf sich die Therapeutin am Tag darauf meldete, ob noch alles in Ordnung sei und wieso der Schwager der Sprachtherapie am Vortag fern geblieben sei. Der daraus resultierenden Diskussion mit meiner Frau war der Schwager nicht gewachsen. Sie müsse der Therapeutin schreiben, was denn gewesen sei, wieso er ferngeblieben sei, schließlich habe sie ihm gesagt, er solle hingehen. Der Schwager blieb stumm, er sagte nichts, sehr lange herrschte beim Telefonat eine beklemmende Stille. Dieser unaufgelöste Dissens mit dem Schwager wirkte bis in den Karfreitag hinein, als ich bestimmt eine geschlagene Stunde mit dem Brötchenholen unterwegs war. Zunächst musste ich frustriert feststellen, dass die beiden Bäckereien in unserem Ort geschlossen waren. Ärgerlich war, dass ich in der einen Bäckerei die eine Schließung am Ostermontag zwar gelesen hatte, die andere Schließung am Karfreitag hatte ich aber überlesen. Da ich mit dem Fahrrad unterwegs war, dauerte die Fahrt etwas länger. Daraufhin probiert ich mein Glück in der Bäckerei im Nachbarort -  mit Erfolg. Mit dem Schwager hatte meine Frau indes vereinbart, dass er bei uns vorbei kommen wollte und bei uns die Brötchen essen wollte. Nachdem ich vom erfolgreichen Brötchenholen zurück gekehrt war – es war bereits weit nach zehn Uhr – war der Schwager nicht bei uns aufgekreuzt. Daraufhin rief meine Frau ihn an, er hob aber nicht ab. Zu Hause bei ihm schaute ich nach dem Rechten, wo er ganz normal in seinem Zimmer saß und am fernsehen war. Ich fragte ihn, ob er bereits gefrühstückt habe, wieso er das Telefon nicht abgehoben hätte und was ich mit den gekauften Brötchen machen solle, worauf ich allerhöchstens einsilbige und unverständliche Antworten erhielt, so ähnlich wie beim Dialog mit meiner Frau wegen des Fernbleibens von der Sprachtherapie. Wahrscheinlich war es seine bockige Reaktion, dass er sich die Brötchen bringen lassen wollte, wegen dieser Diskussion wegen der Sprachtherapie. So war ich am Freitagmorgen des Karfreitags bestimmt eine Stunde unterwegs, um Brötchen zu holen. Eine ähnlich zeitraubende Aktion vollbrachte unsere Tochter, als sie den Antrag auf Bürgergeld für das Jobcenter ausfüllte. In den letzten Märztagen lief die achtwöchige Mutterschutzfrist aus, danach endeten die Zahlungen der GFO Kliniken, ebenso lief das Mutterschaftsgeld der Krankenkasse aus. Die Antragstellung war im Verlauf des Monats März erforderlich, um Anspruch auf die Zahlung für die Resttage im März zu haben. Unsere Tochter gab sich alle Mühe, die Felder des Hauptantrags vollständig auszufüllen, ihren Ausbildungsvertrag und den Kindergeldbescheid für ihren Sohn fügte sie bei. Da der Antrag im Endeffekt – ohne weitere Anlagen – rudimentär gestellt wurde, würde sich das Jobcenter früher oder später wegen der fehlenden Unterlagen melden. Was die weiteren bürokratischen Dinge betrifft, hat das Wohngeldamt inzwischen das Wohngeld des einen WG-Bewohners nachgezahlt (ab Februar war nichts mehr überwiesen worden). Wir kommen zwar nicht genau auf die Beträge, die für die Monate Februar und März hätten nachgezahlt werden sollen – in einer Größenordnung von 20 bis 30 Euro ist zu viel überwiesen worden – was wir auf sich haben beruhen lassen. Indes stockt beim Schwager die Weiterbewilligung des Wohngeldes, da Gehaltsbescheinigungen der Behindertenwerkstatt für zwei Monate fehlen. Diese Weiterbewilligung ist nötig für einen Einjahreszeitraum ab April. Dann haben wir am Ostersonntag einen dritten Versuch unternommen, mit unserem Enkelkind essen zu gehen, diesmal im chinesischen Restaurant zwei Ortschaften von unserem Ort entfernt. Das Buffet war in seiner Qualität so klasse wie sonst, unser Sohn aß à la carte. Die Kellnerin und auch eine Freundin von uns, die mit ihrer Familie am Nachbartisch saß, bewunderten den Nachwuchs unserer Tochter – „den sie toll hinbekommen habe“. Die Kellnerin, eine Chinesin, erzählte noch, dass sie Zwillinge (zwei Töchter) habe, was im Säuglingsalter zu sehr viel Stress geführt habe. Zur Tochter gewandt, schaute ihr Sohn sehr lange interessiert in die neue Umgebung, später wurde er dann doch unruhig, er begann zu schreien und meine Frau machte seine Pempers sauber. Leider gab es keinen Wickeltisch im Restaurant, so dass sie ihn auf einer Sitzbank sauber machen musste. Als er quengelig wurde, nahm meine Frau ich zuerst, dann ich, später schlief er auf meinem Arm ein, wobei es inzwischen ziemlich spät geworden war  - es ging auf zehn Uhr abends zu und nur noch an wenigen Tischen saßen Gäste. Getrennt machten wir uns auf den Heimweg – Frau, Tochter, Sohn und Enkelkind mit dem Auto. Der Schwager und ich nahmen den Bus, da unser Auto für sechs Personen zu klein war. Noch etwas wurde unser Enkelkind zu Hause wieder wach, es trank ein Fläschchen, danach legte meine Frau unser Enkelkind in sein Nest in unser Ehebett.  

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