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Tagebuch November 2020

1. November 2020


Morgens spazierte ich auf den Spuren eines nicht ungewöhnlichen Gesteins. Vom Wanderparkplatz hinter der Autobahnausfahrt Niederholtorf am Kreuz Bonn-Ost folgte ich einem Wanderweg, der über die Höhen von stillgelegten Basaltsteinbrüchen führte. Dabei war der Dornheckensee insofern spektakulär, weil die Abbruchkante der Basaltsäule senkrecht in den Abgrund des Sees führte. Schilder auf Holzpflöcken hatten vor Felsabsturz und Lebensgefahr gewarnt, und ein Geländer hielt die Spaziergänger in ausreichender Entfernung vor der Abbruchkante fern. Bäume und die mannigfachen Färbungen des Herbstlaubes verdeckten den Blick auf die Seeoberfläche. Dennoch war die Aussicht auf ein Stück des Bonner Bogens und den Posttower in der Rheinaue prächtig, ein Ausblick, der den Talkessel bis zu den Hängen des Kottenforstes im Visier hatte. Auf dem Wanderweg schlossen sich weitere Steinbrüche an, wo Basalt abgebaut worden war. In den Boomzeiten der industriellen Revolution war Basalt ein begehrter Rohstoff gewesen, für den Straßen-, Deich-, Gleis- oder Häuserbau. Der Herbstspaziergang, den ich wegen des begrenzten Zeitkontingentes abbrechen musste, war äußerst inspirierend. Meine Frau musste arbeiten, so dass ich mittags kochen musste. Nachmittags fuhren wir zu einer Katzenbesichtigung, die wir Corona-bedingt ständig nach hinten geschoben hatten. Nun war es aber so weit, dass uns eine Freundin aus Wesseling verwöhnte. Gegen 16 Uhr gab es zunächst Kuchen, während wir uns mit ihren beiden Katzen, die sie seit einem Jahr besaß, akklimatisierten. Ihr schwarzer Kater, der keinen einzigen anderen Farbtupfer außer schwarz aufwies wie unser Kater Jumbo, war eher scheu und versteckte sich vor uns. Dafür war aber ihre Katze um so zutraulicher. Sie sprang zu uns auf die Couch, verlangte nach Streicheleinheiten, so wie wir es von unserem Kater Rambo kannten. Beide Katzen waren noch ganz jung, nicht älter als zwei Jahre, und sie waren aus Spanien vermittelt worden. Als wir bei der Beerdigung ihres Bruders östlich von Braunschweig gewesen waren, hatte sie angeregt, eine Currywurst in der Art, wie sie sie am liebsten aß, für uns zuzubereiten. Dies hatte sie nun für uns gemacht. Es war ein sehr schöner Nachmittag für die Seele, wo wir uns bedienen lassen konnten und uns von ihrer Katze umschwärmen lassen konnten. Ein Nachmittag, den wir im Angesicht des anstehenden Lockdowns genossen haben.

2. November 2020


31 Etagen, 25 Geschosse für Abgeordnetenzimmer, Sonnenblenden an der Außenfassade: mit dem zweiten Hochhaus von links, dem sogenannten „Lange Eugen“, begann die Geschichte der Hochhäuser in der Rheinaue. Der damalige Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier, nach dessen Vornamen das Abgeordnetenhaus benannt wurde, vermerkte 1966 in einem Gesprächsprotokoll zu diesem Bauvorhaben: „… das neue Hochhaus solle das höchste Bauwerk der Metropole Bonn-Bad Godesberg werden, so dass das Landschaftsbild vom Parlament geprägt werde … „ Nachdem der Lange Eugen 1969 fertiggestellt wurde, ging es trotz der Protokollnotiz aber noch höher hinaus. Wie Unrecht der Bundestagspräsident haben sollte, sollte der 2002 fertiggestellte Posttower beweisen, der mit seinen 162 Metern den Kölner Dom leicht überragt. Den Stadtplanern schwebte aber mehr vor, nämlich eine sukzessive Erweiterung der Skyline, welche zum Beispiel im Vergleich mit Frankfurt am Main arg klein geraten ist. Was aber bedeutet, dass sie durchaus eine in sich geschlossene Harmonie ausstrahlt, wenn sie nicht so wuchtig wie etwa in Frankfurt am Main aussieht. So fügte sich als drittes Hochhaus in dieser kleinen Skyline das 17-stöckige Marriot-Hotel auf der rechten Seite hinzu, das 2016 auf dem Platz der Vereinten Nationen seinen Hotelbetrieb aufnahm. An den 1986 verstorbenen Theologen Eugen Gerstenmaier, der übrigens den Plan des Hitler-Attentates kannte und am 20. Juli 1944 von den Nationalsozialisten verhaftet wurde, besann man sich wieder bei der Benennung des vierten Hochhauses zwischen dem Langen Eugen und dem Marriott-Hotel. „Kleiner Eugen“, so wird der vierte Hochhausbau genannt, dessen Büroräume so wie diejenigen vom „Langen Eugen“ von UN-Institutionen genutzt werden. In diesen Tagen werden die 330 Quadratmeter Bürofläche bezugsfertig, und Ende dieses Jahres soll dort das Klimasekretariat der Vereinten Nationen einziehen, was der damaligen Bundeshauptstadt sicherlich eine besondere Bedeutung verleiht. Die Höhe der 18 Stockwerke und die dunklen Grautöne der Glasfassade fügen sich harmonisch ein in die Viererreihe der Hochhäuser mit dem Kleinen Eugen und dem Langen Eugen in der Mitte. Die Hochhausreihe unterstreicht die Herausforderungen in der Stadt, welche die Entscheidungsträger zur Umsetzung von Weltklimavereinbarungen beherbergt.

3. November 2020


Läuft! Die Trockenbauer waren vorletzte Woche im Haus. Die Schwierigkeit, wir hatten kein Wasser, weil wir einen neuen Wasseranschluss an der Baustelle bekommen haben. Da hatte sich das Sammeln der Kanister vom Destillierten Wasser doch gelohnt. Viele Verstrebungen an den Decken halten jetzt die neuen abgehangenen Decken. Seit Gestern ist der Kollege vom Raumgestalter am Start und heute ist das 1. OG mit Raufasertapete fertig tapeziert. Da kommt man mit der Baureinigung gar nicht hinterher. Da mussten wir heute Abend noch eine Spätschicht einlegen. Morgen kommt das Erdgeschoss dran und Ende der Woche soll alles fertig gestrichen sein. Parallel, außen, heute habe ich Fensterbänke für außen ausgesucht. Der Dachdecker macht morgen einen Anfang. Hier hat mein Handwerker, der die Dämmung vom Haus macht, die Koordination der verschiedenen Gewerke die anfallen in die Hand genommen. Also die Zusammenarbeit klappt.

4. November 2020


Die Situation ist nicht mit derjenigen im Frühjahr vergleichbar, es gilt aber aufzupassen. Nachdem ich die Fahrradfahrt ins Büro bis zuletzt gepflegt habe, richte ich mich nun im Homeoffice ein. Die Zeiten passen nicht mehr so sehr, wenn es morgens hell wird und abends dunkel. In Vor-Corona-Zeiten bin ich auf öffentliche Verkehrsmittel umgestiegen, nun ist es das Homeoffice, das ich nach meinem Herzinfarkt so sehr verflucht habe. Ich arbeite wieder von zu Hause aus, und die Taktung, dass ich mich mit meinem Laptop in den Wintergarten hinein gepflanzt habe, passt. Wichtig ist, dass die Schulen beim neuerlichen Lock-Down geöffnet sind, ebenso die Behindertenwerkstatt. So unterbleibt es, dass wir zu Hause mit alle Mann auf demselben Fleck hocken, dass das Thema Homescooling uns fertigmacht oder dass wir uns zwangsweise von irgendwelchen wahllosen Fernsehprogrammen berieseln lassen müssen. In der dunklen Jahreszeit sind die Lichtverhältnisse im Wintergarten einiges besser. Es sind nur wenige Zeitabschnitte, in denen morgens die Sonne zwischen den Nachbarhäusern und der hoch ausgewachsenen Tanne hindurch scheint. Homeoffice ist nun akzeptabel und liefert einen Mehrwert. Ich muss aber aufpassen, dass die sportliche Betätigung nicht abhanden kommt. Viermal eine Stunde Ausdauersport soll ich pro Woche betreiben, das wird mir möglicherweise in dieser Woche nicht gelingen. Am Montag war noch warmes Wetter mit einer angenehmen Fahrradfahrt ins Büro. Heute Morgen war gefroren und Rauhreif auf der Windschutzscheibe unseres Autos, so dass mir die Lust fehlte, mit dem Fahrrad ins Büro zu fahren. Noch fehlt mir wirklich das Konzept, wenn die Fahrradfahrerei ins Büro in den dunklen Monaten stark herunter gefahren wird und wie ich mich anderweitig sportlich betätigen soll.

5. November 2020


Nachdem all die Bürokraten in Person des Amtsgerichtes, des Ergänzungsbetreuers und des Notariats aus den Füßen gekommen sind, so dass sich unser Umbauvorhaben in der handwerklichen Umsetzungsphase befindet, werden wir nunmehr selbst zum Akteur der Bürokratie. Wir selbst müssen machen und gestalten. Drei Mieter für die WG im Haus de verstorbenen Schwiegervaters hat die Lebenshilfe gewinnen können, und für die Mieter, die zum 1. Januar nächsten Jahres einziehen wollen, benötigen wir einen Mietvertrag und eine Mietbescheinigung. Das ist eine sehr zeitfressende Tätigkeit, zumal ein Mietvertrag mit all seinen Paragraphen ein ganzes Paket von Seiten umfassen kann. Meine Frau hat Formulare zu einem Mietvertrag besorgt, und ich habe einzelne Paragraphen anhand einer Vorlage aus dem Internet zusammen kopiert. Juristisch haben wir unser Halbwissen zusammen geschmissen und vertrauen darauf, dass ein brauchbares Ergebnis heraus kommt. Eine Mietbescheinigung braucht das Sozialamt. Dabei haben wir auf Excel vertraut, wenn wir all unsere Eingangsgrößen hinein stecken, dass dann ein brauchbares Ergebnis heraus kommt. Mehrere abendfüllende Diskussionen haben wir durch stehen müssen, bis der Vertrag eine solche Qualität erreicht hat, bis wir diesen unseren Mietern zeigen können. Dasselbe gilt für die Mietbescheinigung, wo meine Frau mehrere Berechnungsszenarien durchgerechnet hat, um das Ergebnis heraus zu bekommen, das unseren Mietforderungen an die einzelnen Bewohner am nächsten kommt.

6. November 2020


Wie ein Kater und ein Blumenstrauß es schaffen, einen deprimierenden Verlauf der Ereignisse in etwas Schönes zu verwandeln. 25 Gäste hatte mein Schwager zu seinem Geburtstag zum Essen eingeladen. Wir hatten Einladungen verteilt, alle hatten sich im Vorfeld gefreut. Wegen der Wirren des Umbaus hatte er im letzten Jahr keinen Geburtstag gefeiert, und nun muss die Geburtstagfeier wieder ausfallen, das haben die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus so angeordnet. Die Gastronomie muss schließen, was nun ein üppiger Blumenstrauß als Geburtstagsgeschenk ersetzt. Wohlwollend hat sich unser Kater Rambo vor den Blumenstrauß gepflanzt, und Freunde haben vorbei geschaut, um ein Geschenk zu überreichen: einen dicken Bildband von Helene Fischer mit sieben CDs mittendrin. Die Freude darüber war groß, dass der Geburtstag neben all den telefonischen Glückwünschen nicht ganz ausgefallen ist. Irgendwann werden Zeiten kommen, da wird Corona unseren Alltag nicht mehr in einem solchen Umfang auf den Kopf stellen. Dann wird die Geburtstagsfeier nachgeholt werden.

7. November 2020


Noch im September 2017 hatte ich mir geschworen: niemehr Haustürgeschäfte. Ein Vertriebsmitarbeiter der Firma Haus und Energie GmbH hatte uns eine Haustüre verkauft, und ein paar Tage später kostete es einen extremen Kraftakt, von unserem gesetzlichen Stornierungsrecht Gebrauch zu machen. Ich redete gegen eine Wand, der Vertriebsmitarbeiter formulierte immer neue Argumente, wieso eine Stornierung weder sinnvoll noch möglich sei. Ich stornierte dennoch, und seitdem habe ich eine große Aversion, wenn Menschen an der Haustüre etwas verkaufen wollen. Die Masche war heute so getarnt, dass ich dem Geschäft an der Haustüre nicht abgeneigt war. Zwei Mitarbeiter von Greenpeace waren auf Kundenfang gegangen und zogen von Haustüre zu Haustüre. Greenpeace, ein Schwergewicht in der Klimadebatte. Greenpeace hielt dagegen, wenn die Erde mit ihren Rohstoffen ausgeplündert wurde und das Gleichgewicht der Natur aus dem Ruder geriet. Insofern war ich von vornherein einer Unterstützung zugeneigt, weil Greenpeace meine eigenen Weltanschauungen verfolgte. Eine junge Frau, so Anfang 20, zückte ihr Tablet und stellte Quizfragen über die Abholzung des tropischen Regenwaldes am Amazonas. Wie schnell es etwa dauern würde, bis im tropischen Regenwald von Brasilien die Fläche eines Sportplatzes abgeholzt würde. Ich war verblüfft über die Antwort des Tablets, dass dies ganze drei Sekunden waren. Zu drei Fragen interagierte das Tablet, danach bot ich von mir aus an, 25 Euro pro Jahr spenden zu wollen. Das Gesicht der jungen Dame hellte sich auf, sie setzte aber noch einen drauf. Zehn Euro sei der Mindestbeitrag pro Monat, aber die Sache sei ja ganz einfach. Wenn ich nur 25 Euro zahlen wollte, dann solle ich nach zwei oder drei Monaten wieder kündigen. Vielleicht würde ich auch nicht kündigen, aber dann sei ja sowieso alles gut. Das empfand ich als unsinnig, wenn ich von vornherein wüsste, dass es nur die 25 Euro sein sollten. Da meine Ziele und diejenigen von Greenpeace vollkommen deckungsgleich waren, folgte eine Diskussion, die ähnlich zäh war wie diejenige vor drei Jahren mit dem Vertriebsmitarbeiter der Firma Haus und Energie GmbH. Die junge Dame appellierte, beschwichtigte mich, ich verwies auf später, dass ich eine Überlegungszeit benötigte und später über das Internet die Zahlung einer monatlichen Spende veranlassen würde. Dies widerlegte die junge Dame, es käme auf das Hier und Jetzt an. Die Argumente wiederholten sich, ich könne kündigen, es ginge um nichts anderes als um unseren Planeten Erde, und dies sei es die Sache wohl Wert. Ich schloss das Gespräch ab, dass wir wohl nicht ins Geschäft kommen würden. 25 Euro gegenüber 120 Euro Jahresbeitrag. Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Türe zu schließen und den beiden vom Greenpeace einen schönen Tag zu wünschen.

8. November 2020


Ein außergewöhnlicher Filmabend in der dunklen Jahreszeit. Nachbarn, die zwei Häuser weiter wohnen, hatten die Idee, mit Hilfe eines Beamers einen Animationsfilm auf eine Häuserwand zu projizieren. Draußen vor ihrem Mietshaus, hatte sich die Familie zusammen gesellt, Mama und Papa mit zwei Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter. Auf Stühlen sitzend, hatten sie ihre Beine mit Decken bedeckt, um nicht zu frieren. Auf der Häuserwand flackerten die Bilder, der Ton hallte laut in der Nachbarschaft, Zeichentrickfiguren bewegten sich in ihrer überdimensionalen Gestalt. Dazu brannte das Feuer auf den Holzscheiten. Alle schauten wie gebannt. Das Dunkle erhellte sich wie ein magischer Ort.

9. November 2020


Ein Lusttempel im Wald, der ähnlich aussieht wie ein griechischer Tempel, aber nicht so ganz. Der gedrungene Bau läßt einen denken an das Schatzhaus der Athener in Delphi, aber dann doch wieder nicht, weil die dorischen Säulen fehlen. Dennoch passt die Form, der offene Pavillon lädt ein, der Dreiecksgiebel erhebt sich über den Architekturstil des Klassizismus. Dichter und Denker hatte es an diesen Ort verschlagen, den ich nun vom Wanderparkplatz hinter der Autobahnausfahrt Bonn-Niederholtorf erwandert habe. Steil ging der Weg hinunter, dann wieder hinauf, während der Lärm des Autoverkehrs der nahen Autobahn nicht nachließ. Obschon die Abmessungen des Ruhetempels klein sind, wirkt dieser auf der freien Fläche der Anhöhe viel größer als seine wahren Ausmaße. Steinbänke, die zum Verweilen einladen, machen diese Stelle zu einem inspirierenden Ort. In diesem Sinne dürfte auch sein Erbauer, der Schnupftabakwarenhändler Heinrich Josef Foveaux, diesen Ruhetempel gesehen haben, der man nach ihm „Foveaux-Häuschen“ genannt hat. Foveaux handelte von seinem Firmensitz in Köln aus mit Schnupftabak. Anscheinend war Schnupftabak im 19. Jahrhundert ein solch begehrter Genussartikel, dass man gutes Geld mit hohen Gewinnspannen daran verdienen konnte, sonst hätte sich sein Besitzer den mittelalterlichen Gutshof Mylendonk nicht leisten können. Diesen 1297 erstmals erwähnten Gutshof in Limperich besaßen viele Grafen und Freiherren, bis ihn Foveaux erwarb, um von dort aus das Kölner Naherholungsgebiet des Siebengebirges zu erkunden. 1820, als das Foveaux-Häuschen erbaut wurde, herrschte ein geistiger Aufbruch der Romantiker am Rhein. Dichter, Denker, Landschaftsmaler, Intellektuelle und Reisende aus aller Welt besannen sich auf die Schönheit der Landschaft zurück, in dessen Zentrum der Leidenschaften der Rhein sachte und unaufhörlich daher floss. Am Ennert, wo das Foveaux-Häuschen an den Ausläufern des Siebengebirges steht, traf sich die Schar der romantisch Veranlagten, wozu Heinrich Josef Foveaux weniger Dichter und Denker versammelte, sondern vielmehr Studenten. Exakt der Blick auf den Drachenfels, diesen „point de vue par excellence“, den man noch heute durch eine Schneise durch den Wald erblicken kann, beflügelte die romantische Schar. Die Studenten, die als besonders trinkfest galten, sorgten für den Nachschub an Alkohol. Am Foveaux-Häuschen wird so mancher Liter Bier geflossen sein und so manches vaterländische Lied angestimmt worden sein.

10. November 2020


Das Virus kann so was von ungerecht sein. Die Strategie ist klar: Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Alltagsmaske tragen. Doch was nutzt eine solche Strategie, wenn die Infektionszahlen dennoch in die Höhe schießen und ein Kontrollverlust droht ? Die Maßnahmen sind nun im Monat November verschärft worden, und es ist als skeptisch zu betrachten, dass die Maßnahmen greifen werden, da sie widersprüchlich, unsinnig und unausgegoren sind. Der weitaus größte Teil der Infektionen ereignet sich zu Hause, und da kann und will niemand ran. Die Verantwortlichen weichen aus und setzen genau dort an, wo sie einen Zugriff haben. Dass die Stadt ihr Stadtmuseum schließt, ist ein ganz einfacher Vorgang. An einem solchen Ort, wo zwischen den Exponaten und den Ausstellungsvitrinen ausreichend Platz ist, wird sich erwiesenermaßen niemand infizieren. Das Virus kann so etwas von ungerecht sein. Daran, dass man sich an die NS-Vergangenheit erinnert, wird in Corona-Zeiten wenig Wert gelegt, da die NS-Gedenkstätte ebenso dem Lockdown zum Opfer gefallen ist. Ein Abschied an die Kultur. Theater haben geschlossen, Kinos genauso, auf Kunstausstellungen muss man verzichten, obschon man dort peinlich genau auf Abstand oder personalisierten Tickets geachtet hat. All die Maßnahmen sind schwer zu vermitteln, da die Verantwortlichen ihre Willkür haben walten lassen. In den meisten Geschäften werden die Besucherfrequenzen höher sein als in Museen oder der NS-Gedenkstätte, sie haben aber weiterhin geöffnet. Schreitet man durch die Buchhandlung Thalia, verteilen sich die Kunden mehr oder weniger gleichmäßig zwischen den Ständen mit den ausgelegten Büchern. Das Café im ersten Obergeschoß, wo sich die Besucher genauso gleichmäßig verteilen würden, ist aber geschlossen. Dass die Gastronomie geschlossen ist, ist allgemein schwer nachvollziehbar, da sich dort erwiesenermaßen nur wenige Menschen infizieren. Die Gastronomie übt aber vielleicht einen Abschreckungseffekt aus: die Schließung ist ein Appell, sich an die Regeln zu halten, bei Nichtbeachtung werden Kneipen, Cafés, Restaurants geschlossen. Bei den Maßnahmen ist wenig substanzielles dabei. Inwieweit die Maskenpflicht auf Friedhöfen Infektionen reduziert, das mag arg bezweifelt werden. Widersprüchlich ist auch so einiges rund um den Schulbetrieb. Wenn etwa dieselben Schüler, die morgens in der Schule waren, nachmittags im Verein Tischtennis spielen wollen, dann ist dies verboten. Wobei aber das Infektionsrisiko in der Schule größer ist als beim Tischtennis. Der Blues auf den Lockdown hält an. Den allergrößten Corona-Schwachsinn hat heute die bundesdeutsche Justiz produziert. Während so manchem Karnevalisten das Herz geblutet hat, dass in der Kölner Altstadt null und gar nichts zu Beginn der Karnevalssession statt gefunden hat, hat auf der Deutzer Werft, auf der gegenüberliegenden Rheinseite, eine verkehrte Welt geherrscht. Richter am Oberverwaltungsgericht Münster haben entschieden, dass eine Demonstration der Querdenker statt finden darf. Ohne dass die Corona-Gegner Masken tragen und ohne dass sie die Abstände einhalten. Das ist ein Armutszeugnis für unseren Rechtsstaat und schützt Gruppierungen, die keine Solidargemeinschaft kennen und machen können, was sie wollen. Das Virus kann so ungerecht sein.

11. November 2020


Eine ganze Reihe von Fahrereien war notwendig, bevor ich mich an meinen Home Office-Arbeitsplatz setzte. Das Röhrchen mit der Stuhlprobe hatte ich sauber auf der Küchenanrichte aufgerichtet, die Kaffeemaschine im Hintergrund und das Olivenöl auf der rechten Seite. Dieses Röhrchen war eines derjenigen Momente, die ich in eine Abfolge der Autofahrt hinein bringen musste, um bei der Routenplanung alles unterbringen zu können. Welche Strecke ich heute Morgen genau befuhr, was etwas kompliziert. Das Röhrchen mit dem Stuhlgang war heute Morgen beim Kinderarzt abzuliefern, davor musste ich meine Frau am Behindertenwohnheim absetzen und unsere Tochter an der Realschule. Von dort aus steuerte ich die Kinderarztpraxis an, wo ich die Stuhlprobe ablieferte. Frau und Tochter waren versorgt, und von der Kinderarztpraxis fuhr ich weiter zur Autowerkstatt, wo ich unseren VW Golf zu einem Inspektionstermin übergab. Schlüsselübergabe, Scheckheft, Fahrzeugschein. Die Abgabe im Autohaus verlief zufriedenstellend, und von dort aus konnte ich zu Fuß nach Hause schreiten. Bei HIT nahm ich für den Schwager Brötchen mit, und auf den Fahrwegen hatte ich alles wichtige erledigen können. Ein kompliziertes Geflecht von Erledigungen, wonach ich nun mit dem Homeoffice beginnen konnte. An dessen Anfang hatte die Stuhlprobe gestanden.

12. November 2020


Seit meinem Herzinfarkt bin ich den Gipfeln des Siebengebirges mit meinem Rennrad noch nicht so nahe gekommen. Es war eine Fahrt mit Umwegen mit einem ursprünglich ganz anderen Ziel. Ich wollte zur Fundstelle des Oberkasseler Menschen am Rand von Oberkassel an den Hängen des Siebengebirges. Nachdem ich die Autobahn überquert hatte, gelangte ich über einen breiten, aber steinigen Weg, so dass ich mein Rennrad schieben musste. Der Weg, der wie an der Schnur gezogen war, nervte, weil er genau neben der Autobahn verlief. Das Hinweisschild zur Fundstelle, das unvermittelt auftauchte, ließ ich hinter mir, dabei folgte ich dem schnurgeraden Weg, der Autoverkehr dröhnte über die Autobahn, ohne dass die Fundstelle in Sichtweite kam. Ich schob das Rennrad weiter geradeaus, es ging vorbei an ehemaligen Steinbrüchen, ich näherte mich dem Autobahnkreuz Bonn-Ost, die Fundstelle kam nicht, der Weg stieg mächtig an hinauf in die Höhen des Siebengebirges, wo das Wandersymbol des Rheinsteiges das geschobene Rennrad in eine ausgedehnte Wanderung überführte. Diese ausgedehnte Wanderung hatte ich mir überhaupt nicht vorgestellt, und dennoch folgte ich dem Symbol des Rheinsteigs, um irgendwann den Wanderparkplatz an der Landstraße hinter der Autobahnausfahrt am Kreuz Bonn-Ost zu erreichen. Von dort aus hatte ich die Idee, auf der Landstraße weiter die Höhen des Siebengebirges hinauf zu fahren, wo die Steigung nicht allzu mächtig war, so dass ich nach meinem Herzinfarkt keine Angst zu haben brauchte. Der Anstieg klappte dann so, wie ich es in Vor-Herzinfarkt-Zeiten gewohnt war. Das Fahrradgefühl war sogleich überwältigend. Die Bonner Stadtteile Niederholtorf und Ungarten gaben erste Blicke frei auf die Hügel des Siebengebirges, die ihre Kulisse in all ihrer Schönheit aufbauten. Erinnerungen lebten auf an so viele schöne Rennradtouren durch das Siebengebirge, das den absoluten Vorzug hatte, dass ein Maximum von Höhenmetern mit ganz viel schöner Landschaft direkt vor den Eingangstüren unserer Großraumbüros lag. Wie oft ich mit dem Rennrad das Siebengebirge durchquert hatte, das wagte ich nicht zu zählen. Anstatt dessen brachte ich mein Rennrad an einem Wegekreuz mit einer Muschelnische in Position. Ein Foto mit Wiedererkennungswert, das an frühere Rennradtouren anknüpfte.

13. November 2020


Ein Relikt, das man lieber verdrängt. Ein Relikt aus der Zeit des Nationalsozialismus, welches das Heldentum germanischer Sagen verkörpert. Ein Relikt, das 1938 als Ehrenmahl für die Toten des Ersten Weltkrieges errichtet worden war. Dieses Relikt erhebt sich am Ortsrand von St. Augustin, in einer Waldlichtung hinter Hangelar. Sich neben der Landstraße etwas unscheinbar versteckend, stemmt sich die Betonskulptur des Siegfried mit all ihrer Wucht der nationalsozialistischen Blut- und Bodenideologie auf ihren Sockel. Die Gestalt des Siegfried betont die architektonischen Ausdrucksformen des Nationalsozialismus wie Macht und Größe bis in alle Ewigkeit. Die schwergewichtigen Formen vereinnahmen den Betrachter. In ihren rassenideologischen Weltanschauungen blickten die Nationalsozialisten gerne auf ihre Ur-Vorfahren der Germanen zurück, aus denen sie die reine Rasse des deutschen Volkes in seinen allerersten Ursprüngen heraus filterten. Aus der Nibelungensage entnahmen sie die Person des Siegfried, der übermenschliche Kräfte, großen Mut und Tapferkeit besaß, indem er mit seinem Schwert einen Drachen tötete. Stark und mit den übermenschlichen Kräften beseelt, steht Siegfried mächtig stolz auf dem Sockel. Die Aufschrift an dessen Rand „Helle Wehr heilige Waffe hilf meinem ewigen Eide“ hat wohl niemand ernst genommen, das mögen all die Kritzeleien auf dem Sockel des Denkmals belegen. So wie diese undefinierbaren Kritzeleien hofft unsere bundesdeutsche Demokratie, dass das nationalsozialistische Gedankengut für immer aus unseren Köpfen verschwinden möge.

14. November 2020


Im Haus des verstorbenen Schwiegervaters tut sich immer mehr. Den Boden müssen wir freiräumen, da der Raumausstatter den Laminatboden verlegen möchte. In die bereits eingebaute (abgehängte) Decke, hat der Dachdecker die neue Bodentreppe sauber eingebaut. Jetzt gibt es nur noch 2 Zimmertüren, nach links und nach rechts. Die Zimmertür zum Kinderzimmer meiner Frau ist zugemauert. Mein Schwager wird in sein altes Kinderzimmer einziehen und bekommt das Kinderzimmer meiner Frau noch dazu.

15. November 2020


Auch um das Haus drum herum tut sich ganz viel. Nächste Woche soll ein Gerüst aufgebaut werden, damit das Haus verputzt wird und die Fassade gedämmt wird. Gleichzeitig soll der Dachdecker am Balkon eine neue Dachrinne anbringen, dazu muss die Terrasse freigeräumt sein, damit der Dachdecker und der Verputzer arbeiten können. Die Terrasse gibt so ein ganz anderes Bild ab. Die Kalksandsteinwand zum Nachbarn haben wir abgestemmt, so dass der neue gewonnene Ausblick ohne Mauer befreit. Das Abstemmen war nötig geworden, weil sich zum einen Risse in der Wand gezeigt hatten und zum anderen die Mauer an die Fassade angrenzte, die verputzt und wärmegedämmt werden sollte. Frei ist die Terrasse, die Säcke mit Abfällen aus dem Haus haben wir in den Garten gestellt, frei ist der Blick zum Nachbargrundstück, frei der Blick bis zu den Pappelreihen vor dem Rhein. Die abgestemmten Kalksandsteine stapeln sich zu einem Haufen auf, der nicht riesig ist und in die Breite gewachsen ist. Das Rasenstück hinter der abgerissenen Terrassenmauer verdient nun eine besondere Beachtung.

16. November 2020


Heute waren die Gerüstbauer in Aktion. In luftiger Höhe wurde eine 3 Meter lange Gerüststange ausbalanciert, senkrecht von einem Mann in Kopfhöhe auf die untere Stange gesteckt. In einer Zirkusarena mit Beleuchtung und Trommelwirbel hätte das Publikum applaudiert. Die Sprache verstanden wir nicht, die Männer waren aus Litauen. Jetzt konnte das Haus gedämmt werden.

17. November 2020


Um den Kopf frei zu bekommen, habe ich einen Tag lang eine Auszeit genommen. Irgendwo in der Eifel wollte ich wandern, was nach meinem Herzinfarkt genau das richtige Maß an moderatem Ausdauersport sein sollte. Ursprünglich wollte ich mit der Regionalbahn nach Altenahr fahren und von dort aus den Rotweinwanderweg entlang wandern, doch Bauarbeiten am Bonner Hauptbahnhof verhinderten diesen Plan. Die Regionalbahn nach Altenahr fuhr erst ab dem Bahnhof UN-Campus, und so nahm ich die Regionalbahn nach Koblenz und stieg in Sinzig aus. Dort kaufte ich eine Wanderkarte und wanderte munter drauf los, bis zur Mönchsheide. Die Wanderung führte durch ein langgezogenes Waldgebiet, dessen Laub entsprechend der herbstlichen Jahreszeit in braunen, roten, gelblichen bis goldenen Farbtönen gefärbt war. Die herbstliche Schönheit verzauberte, am Stadtrand von Sinzig ging es zunächst steil bergauf, dann verlief der Wanderweg auf der Höhe so ziemlich geradeaus. Auf der Mönchsheide, wo gar nichts nach Heide aussah, sondern reine Ackerfläche war, lichtete sich der Wald. Ein Stück weiter gehörten barackenähnliche Gebäude zu einem Flugplatz für Segelflugzeuge. Wo der asphaltierte Weg sich gabelte, ging der Weg in eine Talsenke hinab. In der Hanglage erstreckten sich Streuobstwiesen, die in Mulden und Senken zahlreich waren und zur Obstbaumblüte schön anzusehen sein dürften. Der gut befestigte Weg führte mitten hinein in das Dorf Franken, das einige schmucke Fachwerkhäuser aufwies. Schön, klein und trutzig sah auch die Dorfkirche aus, wo sich zwei Handwerker zu einer grundlegenden Renovierung austobten. In der Seitenkapelle fielen mir die Deckenmalereien auf, die in ihrem verwitterten Zustand und in ihren blassen Formen sehr alt sein mussten. Am Sportplatz vorbei und auf freiem Feld gelangte ich aus Franken heraus. In der Ferne dröhnte der Autoverkehr auf der Autobahn A61, und am Ortsende las ich, dass das Dorf weitaus älter war als es zu vermuten war. 1200 Jahre, dieses stolze Alter stand auf einem Holzschild. Ich querte die Landstraße, von wo aus es fünf Kilometer bis Sinzig waren. Ich bewegte mich indes weiter geradeaus auf dem Wanderweg, dessen Strecke sich nicht auf fünf, sondern auf etwa 13 Kilometer aufsummierte. Der schmaler werdende Weg glitt hinab ins Tal, Baumreihen gingen über in einen geschlossenen Wald. Ich querte die nächste Landstraße, die ich etliche Male auf meiner Tour nach Sinzig mit meinem Rennrad befahren hatte. Wald und Feld – die Wandertour war wahrhaft abwechslungsreich. Der Wanderweg knickte nach rechts ab, wo die Trockenheit in einem schrecklichen Ausmaß die Fichtenbestände gelichtet hatte. Sachte ging es wieder bergauf, und am Ende des Anstiegs konnte der Blick wieder frei über die sich aus dem Rheintal erhebende Eifellandschaft schweifen. Wellen und Hügel stiegen an, die tiefe Talkerbe des Ahrtals war nicht auszumachen, anstatt dessen tauchte in der Ferne das Industriegebiet von Grafschaft auf. Der Schotterweg ging in einen Teerweg über, rechterhand platzierte sich ein Sportplatz am Waldrand, ein Pferdegestüt folgte, dann gelangte ich bergab nach Koisdorf, dessen Ortsmitte eine kleine und alte Kirche prägte, die allerdings verschlossen war. Glaubte man einem Banner, dann war der Dorfplatz an der Kirche in fester Hand des Männergesangvereins. Immer geradeaus und auf breiter Straße führte der Weg zurück nach Sinzig. In kurzen Zeitabständen verkehrte eine große Anzahl von Schulbussen der Linie 850 von Sinzig nach Koisdorf und zurück. Die Straße bergab nach Sinzig bot einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt mit ihrer romanischen Kirche St. Peter. Zurück im Zentrum von Sinzig, schmerzten meine Füße. Ich hockte mich auf eine Bank, studierte die Wanderkarte, wo ich genau gelaufen war. Dabei trank ich einen Kaffee zum Mitnehmen im Pappbecher.

18. November 2020


Querdenker – wie sich diese im Ton vergreifen. Vielerorts gab es heute Proteste zur Reform des Infektionsschutzgesetzes im Bundestag. Dem stimmte auch der Bundesrat zu, so dass die Eingriffe in die Grundrechte grundsätzlich legitimiert wurden. Mit einem eigenen Gesetz ist nun geregelt, dass Masken zu tragen sind, dass Abstände einzuhalten sind, die Behörden dürfen Geschäftsschließungen anordnen, ebenso Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen und einiges mehr. All diese Einschränkungen sind aber zu begründen, sie sind zeitlich zu befristen und auch aufzuheben, wenn die 7 Tages-Inzidenzwerte von 50 bzw. 35 unterschritten werden. Die Querdenker, die glauben, dass sie machen können, was sie wollen, verweigern sich diesen Regelungen. Sie rebellieren, nehmen Kollateralschäden bewusst in Kauf, wenn sie die Maskenpflicht oder die Abstandsregelungen ignorieren. Damit leisten sie einen maßgeblichen Beitrag an der Verbreitung des Infektionsgeschehens. Dieses Plakat, das ich heute auf dem Münsterplatz fotografiert habe, vergreift sich vollkommen in seinem Vergleich. Diejenige Person, die dieses Plakat zeigt, muss ahnungslos in der deutschen Geschichte sein. Die Tonlage passt nicht, die heutige Reform des Infektionsschutzgesetzes mit dem Ermächtigungsgesetz 1933 in Verbindung zu bringen. Die da protestieren, haben jedes Maß für Realität und Verhältnis verloren. Die Tonlage geht vollkommen an der kriminellen Energie vorbei, was die Motivation des nationalsozialistischen Regimes für das Ermächtigungsgesetz 1933 gewesen war. Eine solche kriminelle Energie, die Handlungsfähigkeit unserer Regierung aufheben zu wollen, kann vielmehr den Querdenkern unterstellt werden. Niemand will eine solche Unantastbarkeit des Grundrechtes auf Demonstration, dass die Anarchie die Oberhand gewinnt und die Querdenker indes das Infektionsgeschehen fleißig in der Bevölkerung verbreiten.

19. November 2020


Es muss nicht an diesem Ort sein, in Franken am Ostrand der Eifel, aber Strommasten können überall als Ausdruck industrieller Bedrohung wahrgenommen werden. Auf der Wanderung, wo sich der Weg ins Tal senkt, wirken die Strommasten, die sich in einer Zweierreihe nebeneinander gestellt haben, besonders gigantisch. Sie demonstrieren die Größe des Stromnetzes. Strommasten werden zu Denkmälern so wie verlassene Stahlwerke oder stillgelegte Zechentürme. Strommasten sind Symbole des technischen Fortschritts. Stahlwerke oder auch die chemische Industrie stoßen Schadstoffe und Abgase aus, während der Strom an für sich sauber ist. Was Strommasten, Stahlwerken und der Chemieindustrie gleich ist, das ist die Tatsache, dass niemand sie vor ihrer Haustüre haben möchte. Produkte aus Eisen, Plastik oder Strom konsumieren die Menschen gerne, mit Verlaub profitieren die Menschen gerne von den Annehmlichkeiten des Alltags. Annehmlichkeiten und Beeinträchtigungen werden wegverlagert. Was für den einzelnen passt, das passt wiederum nicht in der Summenbetrachtung. Sucht man die Dinge in einer ganzheitlichen Betrachtung, so ist alles ungeheuer schwierig. Hier stört sich wahrcheinlich niemand an de Strommasten, anderenorts ist es aber eine politische Diskussion, wo der Strom produziert werden darf, wo Kraftwerke stehen und wie hoch der Schadstoffausstoß ist.

20. November 2020


Ein Tag, an dem ich nach dem Mittagessen nur noch unterwegs war. Morgens hatte es sich ergeben, dass meine Frau zu ihrer Frauenärztin war, die sie zum Krankenhaus weiter verwies. Ambulant sollte sie sich dort behandeln lassen, wozu sie sich zu einer Voruntersuchung bis 15 Uhr ins Sieglarer Krankenhaus begeben sollte. Unser Auto war allerdings in der Werkstatt, da das Schloss des Kofferraums defekt war, so dass meine Frau unsere frühere Nachbarin anrief, die sie dann ins Krankenhaus zur Voruntersuchung fuhr. Ich fuhr derweil mit dem Fahrrad in unseren Ort, um beim Kinderarzt eine Bescheinigung für die Schule abzuholen, dass unsere Tochter heute Morgen dort gewesen war. Anschließend gab ich eine ähnliche Bescheinigung für meine Frau im Behindertenwohnheim ab, dass sie beim Frauenarzt gewesen war. Ich war soeben zu Hause, da kam unsere Tochter vom Schulunterricht zurück. Ich bereitete Teigtaschen für sie in der Mikrowelle zu. Als sie diese aß, rief die Fensterbaufirma zurück. Es ging um die Rollläden im Haus des verstorbenen Schwiegervaters. Der Motor war defekt und erzeugte nur ein Geräusch des Klackens, nachdem die Elektriker ihn an die Rolllädenkästen angeschlossen hatten. Noch während ich telefonierte, klopfte das Autohaus an und meldete sich, dass ich unser Auto aus der Werkstatt abholen könne. Zu Fuß marschierte ich dorthin, nahm den Autoschlüssel in Empfang und bezahlte die Rechnung. Mit dem Auto fuhr ich am Supermarkt vorbei, kaufte mir dort die FAZ, und fuhr danach zur Apotheke am Marktplatz, um ein bestelltes Medikament abzuholen. An der Kreuzung vor der Bushaltestelle lief mir zufälligerweise unsere Tochter über den Weg. Auf dem Weg zum Bus sammelte ich sie ein und fuhr sie zu einem Klassenkameraden nach Lülsdorf. Zu Hause zurück gekehrt, breitete ich die FAZ aus, las einige Artikel, während mein Schwager aus der Behindertenwerkstatt zurück gekehrt war und sich vom Fernsehprogramm berieseln ließ. Vielleicht fünf Minuten konnte ich in der FAZ herum blättern, da ging erneut das Telefon. Mit den Untersuchungen war meine Frau im Krankenhaus Sieglar fertig geworden, und ich konnte sie dort abholen. Weitere fünf Minuten blätterte ich weiter in der FAZ, ich kam nicht zur Ruhe und setzte mich anschließend erneut in unser Auto.

21. November 2020


In Zeiten von Corona ist das alles so unwirklich. Das Zeitgefühl ist vollkommen abhanden gekommen, als würde Weihnachten in einer Parallelwelt liegen, außerhalb unserer Zeitenrechnung. Ohne Corona, in den vergangenen Jahren, ist die Taktung unwiderruflich gewesen. Unaufhaltsam marschierten die Kalenderwochen ab November auf Weihnachten zu. Der Zeitplan war streng und rigide, die Martinsumzüge im November, der erste Advent Ende November, in der Vorweihnachtszeit jede Menge Weihnachtsgeschenke, der Besuch von Weihnachtsmärkten sowie eine mehr oder weniger hohe Anzahl von Weihnachtsfeiern. Diese Zeittaktung ist nun gestrichen. All diese Events sind nunmehr obsolet geworden. Seitdem die Martinszüge ausgefallen sind, lösen sich die großen Ansammlungen der Christen auf, wie sie sich auf das Weihnachtsfest zu bewegen. Zum Black Friday werden sie weniger shoppen, es werden mehr Weihnachtsgeschenke Online als im Einzelhandel gekauft werden. Der Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt wird zu Hause getrunken werden. Plätzchen für den Weihnachtsmarkt in unserem Nachbarort für den Stand der Behinderten brauchen wir keine zu backen. Der Weihnachtslauf in unserem Nachbarort kann virtuell über eine App aufgezeichnet werden. Genauso virtuell wird unsere dienstliche Weihnachtsfeier ablaufen, ohne Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt, und anstatt dessen aus dem Home Office als Online-Meeting. Fortschritt oder Rückschritt ? So brutal es klingen mag: die Dichte der Ereignisse in der Vorweihnachtszeit entzerrt sich. Es ist mehr Zeit zum Atmen und zum Entschleunigen vorhanden. Der Gang durch die Supermarktregale mit dem Weihnachtsgebäck ist vollkommen entspannt. Die Deadline ist nicht mehr ganz so streng, bis wann wir für wen genau was eingekauft haben müssen.

22. November 2020


Wie ich unseren Kater Jumbo als Fotomotiv gesucht habe. Es fällt ihm leicht, sich in Pose zu legen, sich in die Länge zu strecken und höchst fotogen mit seinen Augen in die Linse der Kamera zu schauen. Er kuschelt sich auf dem Couchsessel, hellwach, gleichzeitig träge und voller Unlust seinen Katzenkörper in seinem schwarzen Fell bewegen zu wollen. Zwei Schneidezähe schauen aus seinem Gebiss heraus, als wären sie zur Jagd bereit, doch es sieht so aus, als würde sich das Bedürfnis nach Ausgeglichenheit und Ruhe durchsetzen. Unser Kater Jumbo gibt eine gute Partie ab für ein Hintergrundfoto, das ich für dienstliche Videokonferenzen verwenden wollte. Drei solcher Videokonferenzen halten wir wöchentlich in unserem Team ab, und während die anderen Kollegen vor eher geschäftsmäßigen, vorgegebenen Hintergründen zusehen sind, wird unser Kater Jumbo bestimmt unsere Runde auflockern. Unseren trockenen, dienstlichen Themen wird hierdurch jede Menge Leben eingehaucht werden.

23. November 2020


Ein Tag, der wegen der OP meiner Frau so ziemlich randvoll ausgefüllt war. Der OP-Termin war um die Mittagszeit, so dass wir um 11 Uhr am Krankenhaus Troisdorf-Sieglar sein mussten. Unabhängig davon, hatte sie zuvor um 8.40 Uhr einen Termin beim Hausarzt zur Blutabnahme. In dieser Abfolge der Zeitelemente blieb kaum Zeit zum Home Office übrig. Kurz nach halb acht fuhr ich unsere Tochter in die Schule, danach frühstückte ich ein wenig, kurz nach halb neun fuhr ich meine Frau zum Hausarzt, danach machte ich einen Abstecher zum Haus des verstorbenen Schwiegervaters, wo die Subunternehmer aus Albanien, die für unseren Verputzer arbeiteten, mit der Wärmedämmung an der Türeingangsfassade beschäftigt waren. Zu Hause durfte ich sogleich Nachfragen zu den Umbauarbeiten erledigen. Der Motor der Rollläden streikte, und ich durfte klären, ob die Fensterfirma, der Elektriker oder sonstwer dafür verantwortlich war. Nach meinem Anruf vom Freitag schoben sich die Fensterfirma und die Elektriker gegenseitig die Schuld zu. Die Elektriker meinten, die Fensterfirma hätte dies vermurkst und umgekehrt. Heute ergab mein Anruf bei der Fensterbaufirma zumindest dahingehend Klärung, dass alle Rollläden nach dem Einbau im März diesen Jahres getestet worden waren, dass diese einwandfrei funktioniert hatten, was ein Abnahmeprotokoll belegte. Bis ich meine Frau zum Krankenhaus fuhr, kam ich sogar ein wenig zum Home Office, dabei erzielte ich aber keinerlei Arbeitsergebnisse, da das Zeitfenster zu kurz war. Kurz nach halb zwölf kehrte ich zurück, nachdem ich meine Frau ins Krankenhaus gefahren hatte. Sie begleiten durfte ich nicht, da wir in Corona-Zeiten lebten. Im Supermarkt hatte ich Brot gekauft, ich aß drei, vier Brote, schüttete mehrere Tassen Kaffee auf, bevor ein dreistündiger Workshop anstand. Wirklich spannende und interessante Themen trug unser Teamleiter vor, dabei kam der frisch aufgebrühte Kaffee genau zur rechten Zeit. Nach den drei Stunden Workshop, währenddessen ich in der Pause unsere Katzen versorgte, musste ich mich zuerst orientieren. Unser Sohn hatte mittags von den Broten gegessen, unsere Tochter war von der Schule noch nicht zu Hause, der Schwager würde erst nach sechzehn Uhr von der Behindertenwerkstatt zurückkehren. Um mich zu sammeln, machte ich eine Pause und hörte auf dem Fernseher „Poseidon’s Creation“ von Eloy. Die Verschmelzung von Synthesizer und griechischer Mythologie ergab einen wahnsinnigen Sound, der meine Gedanken wieder auf Vordermann brachte. Ein wenig sortierte ich meine dienstlichen Themen, die allerdings sehr komplex waren, so dass ich lediglich Abstimmungstermine zur weiten Klärung einstellte. Derweil schickte ich unserer Tochter mehrere SMSn, ohne Reaktion, meine Anrufversuche liefern auf der Mailbox ebenso ins Leere, dass sie nicht erreichbar war. Wahrscheinlich war sie bei ihrer Klassenkameradin in Lülsdorf. Etwas erfolgreicher war ich bei meinen Versuchen, den Elektriker zu erreichen, um die Rollläden in Gang gesetzt zu bekommen. Normalerweise sei es so, dass die Fensterbaufirma die elektrischen Voreinstellungen für die Rollläden machen würden. Da dies anscheinend nicht geschehen sei, wollte der Elektriker die Fensterbaufirma dazu kontaktieren, damit im Anschluss die Funktionalitäten der Rollläden eingelesen werden konnten – einzeln und jeder Rollladen für sich. Die Zeit war im Fluge vergangen, als ich kurz nach siebzehn Uhr mich an das Abendessen heran machen wollte, da zum einen unsere Tochter noch nicht zu Hause war und da ich zum anderen meine Frau noch aus dem Krankenhaus abholen musste. Ich wollte soeben die Dosen geschälte Tomaten für die Tomatensuppe öffnen, da rief meine Frau an, ich könne sie abholen. Ich erzählte ihr von den Dosen geschälter Tomaten, da bremste sie sofort ab. Ich hätte ursprünglich selbst gemachte Spätzle geplant, zitierte sie mich, das würde viel besser in den Speiseplan passen. Also disponierte ich um, was gar kein Problem war. Fünfzehn Minuten hatte ich Zeit, bis ich meine Frau holen sollte, so dass ich noch Zwiebeln schälen konnte und die notwendigen Zutaten bereitstellen konnte. Wir fuhren zum Krankenhaus, wo sich das Abholen meiner Frau verzögerte, anschließend fuhren wir auf direktem Wege durch nach Lülsdorf, um unsere Tochter bei ihrer Klassenkameradin einzusammeln. Es wurde sieben Uhr, als wir nach Hause zurück kamen. Während ich mich daran machte, den Teig für die Spätzle zuzubereiten, konnte meine Frau auf der Couch ausruhen. Kurz vor acht Uhr aßen wir die Spätzle mit der Gehacktessoße, die vom Vortag noch übrig geblieben war. Nach dem Abendessen war der Geschirrberg auf der Spüle riesig, und den Tag ließ ich bei einigen Gläsern Weißwein ausklingen.

24. November 2020


Eine eingerüstete Fassadenschönheit voller Wohlfühl- und Sparpakete. Ein neuer Touch von Großbaustelle ist im Haus des verstorbenen Schwiegervaters eingekehrt. Das Haus wird eingepackt, in den Wohlfühl- und Sparpaketen stecken Wärmedämmverbundsysteme, für die Fassadenschönheit bürgt unser Verputzer, die 14 Zentimeter dicken Wärmedämmplatten sollen ihren Beitrag zur Energieeinsparung leisten, der neue Außenputz wird das Haus in einem neuen Outfit aufpeppen. Während das Anbringen der Dämmplatten schnell voran schreitet, schimpfen die Verputzer über die Gerüstbauer. Das Gerüst steht zu weit weg von den Häuserwänden, so dass sich die Verputzer wahnsinnig strecken mussten. Die Handwerker, die die Fensterbänke von außen erneuern, schimpfen, weil die Gerüststangen die Fensterfläche versperren. Darüber hinaus stellte der Verputzer fest, dass es zwischen den Fensterbauern und dem Elektriker hakt und klemmt. Damit der Verputzer weiter arbeiten kann, muss man die Rollläden herunter lassen können. Das gelang dem Elektriker aber nicht, weil der Rolladenmotor stockte und keinen Muckser mehr von sich gab. Der Elektriker verwies auf die Fensterbaufirma, weil sie die Voreinstellungen der Somfy-Technik hätte machen müssen, die Fensterbaufirma zeigte auf die Elektriker, dass diese irgendwelche Kabel verwechselt hätte. Die Klärung blieb an uns hängen, dass die beiden Gewerke miteinander reden sollten. Noch schlagen sich alle mit der Somfy-Technik herum, noch bewegen sich die Rollläden keinen Millimeter, aber wir hoffen auf Besserung. Während die einen Handwerker ein fleißiges Arbeitstempo hinlegen, müssen wir den anderen Handwerkern hinterher rennen. Wir denken positiv: unsere Handwerker haben bislang eine ordentliche Arbeit abgeliefert und alles wird gut werden.

25. November 2020


Hierzulande fragen sich vom Prinzip her alle, wo denn die hohen Corona-Infektionszahlen so herkommen. Glaubt man den Verursachern, will es niemand gewesen sein. Wahnsinnig viel Orte gibt es, wo man sich nicht infizieren kann. Der Einzelhandel, die Gastronomie oder der öffentliche Personennahverkehr weisen etwa Hotspots der Infektion von sich, so dass so ungefähr nur noch übrig bleibt, dass zu Hause viel zu viel gefeiert wird. Es gibt aber auch ganz naheliegende Erklärungen, so zuletzt geschehen im Behindertenwohnheim. Erkältungen sind ja in Zeiten von Corona äußerst zwiespältig. Es kann Corona sein oder auch nicht, daher gehen die Betroffenen üblicherweise zum Hausarzt, um sich testen zu lassen. Bevor man Gewissheit hat, muss man einige Tage auf das Testergebnis warten. Währenddessen, um die Allgemeinheit nicht zu gefährden, zieht der Hausarzt die Betroffenen aus dem Verkehr, er schreibt sie krank und bittet sie, zu Hause zu bleiben. Die betroffene Pflegekraft im Behindertenwohnheim, musste pflichtgemäß ihren Arbeitgeber über die Krankschreibung unterrichten. Das Unglaubliche geschah, wie sie ihren Arbeitgeber informierte. Sie schickte nämlich nicht jemanden anderen, sondern fuhr selbst los und spazierte, als sei nichts gewesen, mitten in das Behindertenwohnheim hinein. Das Behindertenwohnheim, einen Ort, den lauter Bewohner bewohnen, die zur Hochrisikogruppe gehören. Eine Infektion würde deutlich schneller zu einem Todesfall führen als bei einem normal gesunden Menschen. Die Mitarbeiter warf das ärztliche Attest nicht in den Briefkasten vor dem Wohnheim hinein und verschwand wieder nach Hause, sondern spazierte mitten hinein in das Behindertenwohnheim, quer hindurch zum Büro des Leiters und übergab ihm das Attest. Ein bißchen Smalltalk, dann der Weg zurück nach draußen. Schlimmstenfalls hätte sie andere anstecken können, glücklicherweise war das Corona-Testergebnis aber negativ gewesen. Es hätte aber auch anders kommen können. Ignoranz und Dummheit dürften die besten Verbündeten von Corona sein.


26. November 2020


Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind wir bei Möbel Porta gelandet. Um nach der Zimmermöblierung für meinen Schwager zu schauen, war meine Frau mit ihm zunächst nach IKEA gefahren. Dort war in Köln-Godorf am Samstagnachmittag allerdings die Hölle los, so dass die Möbelsuche eine Qual war, und die Kundenberater waren hoffnungslos ausgelastet. Nach Hause zurück gekehrt, schlug ich Möbel Porta vor, was viel näher lag als IKEA und welches mit seiner Verkaufsfläche sehr groß war. Dort wurden wir sogleich fündig, und die Beratung war freundlich und kompetent. Das weiß-braungemaserte Design der Möbelserie Quartier sagte uns auf Anhieb zu. Schränke und Regale konnten wir passgenau so kombinieren, dass die Möbel die Wände nach unserem Geschmack belegten. Der Verkäufer hatte sich sehr viel Mühe gegeben, er hatte Lieferfristen gegengeprüft, doch bis zur Schließungszeit von 20 Uhr hatte er unseren Auftrag noch nicht im IT-System eingestellt. Er rief an, dass man uns am Eingang heraus lassen solle. Um den Auftrag abzuschließen, würden wir noch einmal wiederkommen müssen.

27. November 2020


In Zeiten von Corona sind menschliche Begegnungen so armselig, weil Kontakte vermieden werden sollen. Kollektiv werden wir in eine Isolationshaft geschoben, mit so wenigen menschlichen Beziehungen wie möglich auszukommen. Freundschaften werden auf Abstand geschoben, Cafés oder Kneipen scheiden als Treffpunkte aus. Behelfsmäßige Konstrukte müssen herhalten, um den Fluss der Kommunikation aufrecht zu erhalten. Alljährlich habe ich mich mit einem früheren Arbeitskollegen auf dem Kölner Weihnachtsmarkt getroffen. Wohnhaft in Mönchengladbach, ist unser Treffen stets auf die Vorweihnachtszeit fixiert gewesen. Alle Kölner Weihnachtsmärkte fallen in diesem Jahr aus, und somit muss auch unser Treffen ausfallen. Auf die armselige Variante, irgendwo einen Glühwein-to-go zu verkosten und uns irgendwo draußen hin zu hocken, verzichten wir gerne. Aber immerhin: Corona beflügelt die Kreativität. Den Glühwein wollen wir nun virtuell trinken. Er selbst ist in die Glühweinproduktion eingestiegen. Aus Dornfelder Rotwein hat er „Werner’s Glühwein“ hergestellt. Eine telefonische Uhrzeit werden wir vereinbaren, dass wir miteinander telefonieren und „Werner’s Glühwein“ trinken werden. Das ist zwar nur ein matter Abklatsch unseres alljährlichen Treffens, aber wenigstens mehr als gar nichts. Freundschaften fallen schwer in Zeiten von Corona.

28. November 2020


Es war wie so oft, wenn man mit Behörden zu tun hat. Wenn man etwas von den Behörden will, dann wird man in eine Warteschleife geschoben. Dann glaubt man, mit dem Reaktionsvermögen einer Schlaftablette zu tun zu haben. Ist es aber umgekehrt, wenn die Behörden von einem etwas wollen, dann wird man schnell mit den Fakten konfrontiert. Es geht um Geld, um eine ganze Stange Geld. Das will das Amtsgericht kontrollieren. Zum einen ist das Amtsgericht mitverantwortlich dafür, dass die Erbauseinandersetzung mehr als ein Jahr lang gedauert hat, bis der halbe Anteil am Haus des verstorbenen Schwiegervaters an den Schwager ausgezahlt worden war. Die Reaktion des Amtsgerichtes, nachdem der hohe Geldbetrag auf dem Girokonto angekommen war, geschah ungleich schneller. Etwas mehr als einen Monat nach der Auszahlung haben wir ein Schreiben erhalten, in dem das Amtsgericht uns einige BGB-Paragrafen um die Ohren haut, dass das Geld anzulegen ist. Und zwar mit einem Sperrvermerk, dass Verfügungen größer als 3.000 Euro vom Amtsgericht zu genehmigen sind. In einer absurden Situation werden uns die Hände gebunden sein. Der Schwager besitzt nun ein hohes Barvermögen. Die Möglichkeiten und Gelegenheiten, es auszugeben, werden stark eingeschränkt sein. Geburtstagsfeier, Urlaub, den Ergänzungsbetreuer muss er bezahlen, Möbel für sein Zimmer haben wir ausgesucht, Fachleistungsstunden für das betreute Wohnen wollen wir organisieren. Danach wird es wohl eng, was wir noch für ihn ausgeben dürfen. Wie unbequem das Amtsgericht wird, werden wir wohl noch erleben.

29. November 2020


Nachdem mein Schwager von der Behindertenwerkstatt nach Hause kam, wurden alle Pläne und Vorhaben auf den Kopf gestellt. Gegen 16.20 Uhr kam er nach Hause, seine Arbeitsklamotten hatte er noch angezogen, da erwähnte er beim Ausräumen seines Rucksackes, dass er einen schwarzen Punkt und eine fliegende Untertasse sieht. Was für ein Schreck!!! So hatte es vor Jahren angefangen, auf die Netzhautablösung hatten alle zu spät reagiert. Sofort war meine Frau zum Telefon, um die Praxis vom Augenarzt anzurufen. Die Arzthelferin sagte, der Doktor sei schon weg. Entweder wir machen für morgen Früh einen Termin oder wir fahren zur Augenklinik Bonn. Also machte sich meine Frau gegen 17 Uhr auf den Weg zum Venusberg. Währenddessen begab ich mich zur Bonner Stadtbücherei, wo die Ausleihfrist für mehrere Bücher ablief. Um die Mahngebühren zu vermeiden, fuhr ich mit dem Schnellbus, dabei brauchte ich an der Bushaltestelle nicht lange auf die Buseinfahrt zu warten. Auf dem Parkplatz der Universitätsklinik lotse man meine Frau mit meinem Schwager gleich durch zur Augenklinik. Es war ein Stück zu laufen von A nach B. Die nette Mitarbeiterin vom Notfallzentrum hatte uns eine genaue Wegbeschreibung gegeben, an die sich die beiden gehalten hatten. So kamen sie am anderen Ende an, wo sie sich anmelden mussten, sie bekamen die Erlaubnis, die langen Flure und Gänge zum anderen Ende zu nehmen. Nach dem Vorabtelefonat durften die beiden die gängigen Corona-Fragebögen ausfüllen. Danach ging es in den Wartebereich. Sehr viele Sitzgelegenheiten, in der Ecke ein kleiner Weihnachtsbaum, künstlich, da saßen die beiden eine kurze Zeit allein. Bis sich ein weiterer Patient unweit hinsetzte. Anfangs zur ersten Untersuchung kamen sie rasch dran. Die Augen mussten ausgetropft werden, zweimal. Der andere Herr wurde stationär aufgenommen. Eine weitere Patientin kam in den Wartebereich, sie schaffte es, vor meinem Schwager untersucht zu werden. Bei meinem Bruder hatte sich die Lage entspannt, da das hüpfende schwarze Ding, vom operierten Auge gesehen wurde. Hier kann er maximal noch 15 % sehen. Als Notfall musste ein Kind aufgenommen werden. Mein Schwager sollte noch einen Ultraschall vom Auge bekommen, bevor man ihn entließ. Alles war in bester Ordnung, sprich, die Netzhaut war fest dort wo sie hingehörte. Alles in allem, kurz vor 22 Uhr fuhren meine Frau mit meinem Schwager vom Klinikgelände in Richtung nach Hause.

30. November 2020


Nun können wir also doch am Winter schnuppern. Zumindest so ein kleines Bißchen, bevor es sich heute Abend eingeregnet hat und die Temperaturen dabei sind, in die Höhe zu klettern. Heute Morgen war es weiß, so richtig schön weiß, ohne Schnee, aber mit jede Menge Rauhreif. Auch dieser kann die Natur verschönern. Zuerst habe ich mich heute Morgen geärgert, dann gefreut. Geärgert, weil ich unser draußen geparktes Auto freikratzen musste. Gefreut, als ich durch unseren Garten zu unserem Komposthaufen schritt. Die Ausprägungen des Nachtfrostes können doch so hübsch sein, wenn wir die Jahreszeiten in unserem Garten ausklingen lassen und alles, was gewachsen und verwelkt ist, sich selbst überlassen. Die Ringelblumen halten ihre gelben Stängel dem Frost entgegen. Ganze Zuckerpakete hat der Rauhreif ausgeschüttet und damit alles, was über der Erdkrume wächst, bedeckt. Den Frost haben die Ringelblumen unbeschadet überstanden. Im letzten Jahr hatten einige Exemplare den ganzen Winter überdauert. Die Ringelblumen sind so etwas wie eine Konstante in unserem Garten, die sich nicht unterkriegen läßt. Sie trotzen dem Winter, im Frühjahr blühen sie wieder auf, deren Reste vermehren sich über Ableger und vervielfachen sich im Sommer zu teilweise intensiven gelb-orangen Blütenteppichen.


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